"Game of Thrones": TV-Kritik zu Staffel 7 Episode 5 - Drachenzähmen leicht gemacht

Ein verlorener Sohn kehrt zurück, das Wiederauferstandenen-SEK zieht los zur Zombie-Jagd und langsam müssen wir wirklich mal über Inzest reden! Die Nachtkritik zur fünften Folge der neuen, siebten Staffel.
von  Anja Perkuhn
Fast so gut wie eine DNA-Analyse für Jon Snow: dass Daenerys' Lieblingsdrache Drogon ihn ganz gut leiden kann.
Fast so gut wie eine DNA-Analyse für Jon Snow: dass Daenerys' Lieblingsdrache Drogon ihn ganz gut leiden kann. © HBO

Vorsicht, Spoiler: Dieser Text enthält kaum bis gar nicht verschleierte Hinweise auf den Inhalt der aktuellen Folge von "Game of Thrones". Wenn Sie "Ostwacht" noch nicht gesehen haben und nichts verraten bekommen möchten, sollten Sie den Artikel später lesen.

Die sechste GoT-Staffel wird parallel zur US-Ausstrahlung immer in der Nacht auf Montag in Deutschland auf Sky On Demand, Sky Go und Sky Online veröffentlicht. Wahlweise stehen das englische Original und die deutsche Synchronisation zur Verfügung. Im Fernsehen laufen die Folge der neuen Staffel immer montags um 21 Uhr auf Sky Atlantic.

Was ist passiert?

Ein bisschen zittert die Hand und bebt der feine Schnurrbart, als Jon Snow (Kit Harington) die Hand hebt und dem Lieblingsdrachen von Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) die schuppige Nase tätschelt. Der Lindwurm – nur ein paar Einstellungen früher ganz der allzeit bereite Feuerspucker, der auf dem Schlachtfeld die letzten Aufrechten der Lannister-Arme auf ein sanftes "Dracarys" seiner Mutter hin verkohlt hat – lässt sichs gefallen und Dany staunt und schmachtet ein bisschen: Dieser König aus dem Norden wird stetig interessanter!

Was die beiden nicht wissen: Sehr wahrscheinlich riecht Drache Drogon das valyrische Blut, das durch Jons Adern fließt – denn anders als lange angenommen ist er ja nicht der Bastard von Ned Stark, sondern wie in Staffel sechs gelernt der Sohn von dessen Schwester Lyanna und Daenerys’ älterem Bruder Rhaegar, den Ned auf ihrem Sterbebett zu sich genommen hat.

Und weil es noch nicht bizarr genug ist, dass da im Angesicht der Eiszombie-Apokakypse Tante und Neffe vor sich hin flirten, wird es sogar noch besser: Am ziemlich anderen Ende der Welt, in Oldtown, hadert Sam Tarly mit dem Schicksal, dass die Maester seine Theorien über das nahende Ende der Welt nicht hören wollen – und hört deshalb seinerseits seiner zauberhaften Lebensabschnittsgefährtin Gilly nicht richtig zu, die aus einem alten Schmöker vorliest: Ein "Prinz Ragger" habe seine Ehe annullieren lassen, um jemand anderen heiraten zu können.

Sollten Rhaegar und Lyanna tatsächlich geheiratet haben, stünde Jon als Sohn des Kronprinzen in der Thronfolge sogar noch vor seiner silberhaarigen Tante.

Die Aussicht auf ein goldschopfiges Baby lässt ihn windelweich werden

Allerdings müsste dafür ja noch die aktuell amtierende Iron-Throne-Sitzerin Cersei Lannister (Lena Headey) gestürzt werden – nur eine Frage der Zeit, zumindest aus heerestaktischer Sicht. "Das ist ein Krieg, den wir nicht gewinnen können", erklärt Jaime Lannister (Nicolaj Coster-Waldau) seiner Schwester eindringlich. Solche Einwände will sie aber traditionell nicht hören – in diesem Fall, weil sie sie schon selbst gedacht hat.

Darum wusste sie auch schon vor Jaime, dass es ein geheimes, eingefädeltes Treffen geben wird zwischen ihm und dem jüngsten Spross der Familie, Tyrion (Peter Dinklage), in den Kellern von King’s Landing, um (neben "Du hast meinen Vater getötet" – "Er war auch mein Vater"-Schuldzuweisungen) über Verhandlungen zwischen den beiden Königinnen der gerösteten Herzen zu sprechen. Zum tausendsten Mal sagt sie ihm, die Lannisters werden alles besiegen, das ihrem Glück im Weg steht, zum nunmehr zehnten Mal scheint er zu zweifeln – und dann erwähnt sie nebenbei: Ach übrigens, wir, mein lieber Bruder, werden Eltern. Und diesmal wird es offiziell dein Kind sein.

Die Aussicht auf das goldschopfige Baby lässt Jaime wieder mal windelweich werden – es wird wirklich langsam Zeit für diverse Familienaufstellungen in Westeros.

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Die Regentenfamilie bleibt also bei ihrem Plan, darum müssen sich die Oppositionellen auch einen überlegen. Der sieht ungefähr so aus: Wenn es in King’s Landing diese unbequeme Frau gibt und nördlich der Eismauer diese unbequemen White Walker – warum bringen wir die nicht einfach zusammen? Zumindest einen Eis-Zombie müsste man doch einfangen können!

Flugs bildet sich ein Grüppchen um den eben erst wieder aufgetauchten weil von Greyscale freigekratzten Lord of the Friendzone, Jorah Mormont und Jon Snow, das in Überdrachenschallgeschwindigkeit wieder im Norden ankommt – diesmal nicht im Hauptquartier der Nights Watch, sondern in Eastwatch ("Ostwacht"), wo nicht nur der GroFreuRie Tormund Giantsbane abwartet und Tee trinkt, sondern praktischerweise auch die Brotherhood Without Banner – darunter der schwerschwerbliche Ser Berric, sein Wiederbeleber Thoros und Sandor "The Hound" Clegane, der ja auch bereits so gut wie von dieser Welt war. Mit Jon "Ich hab ein Messer ins Herz bekommen aber lass uns nicht drüber reden" Snow als Anführer macht sich das Wiederauferstandenen-SEK also auf den Weg in den Schnee.

Seine letzten Worte in dieser Folge: Alle sollen sich jetzt gefälligst mal vertragen, "wir stehen alle auf der selben Seite. Wir atmen alle."

Wer ist in dieser Folge gestorben?

Jaja, die beiden Tarlys, die sich nicht der Mutter der Drachen unterwerfen wollten – aber viel wichtiger: Jemand ist zurück! Seit dreieinhalb Staffeln ist der charmante Schmiede-Azubi Gendry (Joe Dempsie) durch die Gegend gerudert. Wir erinnern uns: Der Bastard-Sohn von König Robert Baratheon, den der sadistische Strichmund-Spatzenhirn-Joffrey aus Angst um seinen Thron umbringen lassen wollte. Und den dann Pseudo-König Stannis Baratheon umbringen lassen wollte, als Opfer für den Lord of Fire. Davos Seawater hatte ihn netterweise vor diesem Schicksal bewahrt und in ein Boot gesetzt – nun hat er ihn im King’s Landinger Arbeiterbezirk Fleabottom wieder aufgelesen, bei einem Schmied.

Noch ist unklar, welche Rolle er zu spielen hat – jetzt ist er erst einmal mit auf White-Walker-Jagd. Allerdings könnte er vielleicht dabei helfen, ein paar Waffen gegen die Schneemänner aus valyrischem Stahl zu schmieden – oder gern auch einfach nur, damit Arya Stark mal wieder mit jemandem zusammentrifft, der sie angenehm irritiert.

Wem hätten wir eher den Tod gewünscht?

Ach Petyr Baelish, lass doch endlich deinen Littlefinger aus den Angelegenheiten der Familie Stark: Arya (Maisie Williams) und Sansa (Sophie Turnier) geraten sowieso immer wieder aneinander, weil die Eine im Herzen eine Kriegerin ist, die alles auf Bauchgefühl und Ehre gibt, und die Andere eine verkappte Cersei, die die Notwendigkeit zum politischen Fädenziehen sieht. Und dann stopft Baelish (Aiden Gillen) einen uralten Brief in sein Kopfkissen, den Sansa vor Äonen von Jahren einmal auf Druck der Familie Lannister geschrieben hat und den ihre Familie damals sofort abtat als das, was er ist – und bringt Arya dazu, ihn zu finden, zu lesen und an Loyalität und Verstand ihrer Schwester zu zweifeln.

Ernsthaft, Leute: Familienaufstellung! Redet doch endlich mal miteinander!

Unterm Strich: Mehr Haut oder mehr Blut?

Blut: Als Davos mit dem eben in Fleabottom eingesammelten Gendry und dem vom Bruder-Gespräch zurückgekehrten Tyrion wieder ins Boot steigen will, schlendern zwei Soldaten der Palastwache vorbei. Kurz lassen sie sich ablenken von großzügig angebotenen fermentierten Krabben, die offenbar ein Aphrodisiakum sein sollen. Dann werden sie aber skeptisch – und Gendry schwingt knochentrocken zweimal seine Waffe der Wahl gegen ihre Köpfe, die sie platzen: einen Hammer. Genau: so einen Hammer, wie ihn auch Robert Baratheon in die Schlacht führte. Aber das nur am Rande.

Die Poesie der Folge?

Die leicht neckische, leicht bewundernde Chemie zwischen den beiden Rhetorikern und Egomanen Varys und Tyrion, die jetzt eine ganze Weile in den Hintergrund getreten ist. Auf Dragonstone besprechen sie, wie sie es schaffen können, dass die Mutter der Drachen nicht zur wahnsinnigen Feuerfrau wird, wie einst ihr Vater, Aerys "Mad King" Targaryen. Dabei holt Varys auch eine Briefrolle hervor. "Für wen ist das?", fragt Tyrion. "Jon Snow." – "Hast du es gelesen?" – "Es ist eine versiegelte Rolle für den König im Norden." Eine Pause hängt in der Luft, Tyrion nimmt einen Schluck Wein. "Was steht drin?" Varys antwortet ohne Zögern: "Nichts Gutes."

Schön, dass ihr wieder da seid, Männer!

Der beste Dialog?

Jon sitzt in einem kühlen Kämmerchen in Eastwatch und versucht, Tormund von seinem Plan zu überzeugen. Der folgt seinen Ausführungen skeptisch bis staunend:

"Also, wie viele Königinnen gibt es jetzt?"

Seufzer-Jon antwortet: "Zwei."

"Und welche davon musst du überzeugen, die mit dem Drachen oder die, die ihren Bruder vögelt?"

(Die Auflösung: beide.)

Wer ist dem Iron Throne aktuell am nächsten?

Nominal immer noch Cersei – aber sie scheint auf eine größere Katastrophe hinzusteuern. Ihre Schwangerschaft (wenn man sie ihr abnehmen möchte) kann nämlich im Grunde nichts Gutes für sie bedeuten. Als Jugendliche bekam sie von einer Waldhexe eine Prophezeiung eingeflüstert, aus der sich bisher alles bewahrheitet hat: Sie hat den König geheiratet, er hatte 20 Kinder aber keines davon mit ihr, ihre Kinder mit goldener Krone werden alle sterben. Eindeutig heißt es: drei Kinder. Was immer ein viertes mit sich bringt: Spielplatznachmittage werden es nicht sein.


Alle Infos rund um das Fantasy-Epos "Game of Thrones", ein spannendes Quiz und eine Übersicht aller AZ-Kritiken zu Staffel 7 finden Sie hier.

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