Film-Kritik - So gut ist der Dresden-Tatort: Wer jetzt allein ist
Wir sehen: die sinnloseste Rückblende in der langen "Tatort"-Geschichte. Zeugin Laura sagt bei der Polizei aus, sie habe das Opfer Doro vor etwa vier Jahren kennengelernt, als sie sich auf eine Annonce für ein WG-Zimmer bei Doro gemeldet habe. Das ist keine besonders komplexe Mitteilung, das kann man sich als Zuschauer noch gerade so vorstellen. Der Dresdner "Tatort: Wer jetzt allein ist" zeigt nun aber wirklich eine Rückblende – die wenige Sekunden lange Zimmerbesichtigung:
Doro (als Vermieterin, lässt sich aufs Bett fallen): "Was sagst Du?"
Laura: "Ich finde es wirklich megaschön. Wirklich."
Doro: "Ja. Ich auch."
Schnitt. Zurück in die Echtzeit. Und für sowas opfert man Drehzeit!
Wir sehen aber auch: Einen guten, ziemlich düsteren Thriller (Regie: Theresa von Eltz, Buch: Erol Yesilkaya) mit durchgehend sehr guten Darstellern und einer ungewöhnlichen Handlung. Alwara Höfels als Hennie Sieland und Karin Hanczewski als Karin Gorniak ermitteln – streng gegen die Dienstvorschrift – undercover bei den zwei Hauptverdächtigen in einem Mordfall.
Dresden-"Tatort" - ein würdiger Abgang für Alwara Höfels
Beide Männer sind Kunden eines Dating-Portals im Internet, beide ein bisschen platt charakterisiert, aber recht unterhaltsam: der eine ist sehr verkorkst und verdruckst und pflegt seine kranke Mutter, der andere ist fast schon übertrieben gut aussehend, nicht minder verkorkst und pflegt sein krankes Ego. Das erfahren die Polizistinnen und wir Zuschauer aber fast zu spät.
Eine sehr schöne kurze Nebengeschichte wird getragen vom Chef des Polizistinnen-Duos: Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) muss auf Gorniaks schwerst pubertierenden Sohn aufpassen, während Mutti mit dem Verdächtigen anbandelt (und es kaum schafft, das rein dienstlich aussehen zu lassen). "Wir werden Spaß haben", sagt also Chef Schnabel zu dem fassungslosen Sohn – hält ihn akustisch mit Peter Alexander in Schach und übt dann mit ihm Mathe. Erfolgreich, übrigens.
Mit "Wer jetzt allein ist" (ja, das ist der alte Rilke) nimmt Alwara Höfels Abschied von ihrer "Tatort"-Rolle – ein sehr starker letzter Auftritt mit einem unwürdig langweiligen Abgang. Sie geht nicht mit einem Knall, sondern dermaßen unknallig (und unoriginell begründet), dass es schmerzt. Da wäre der Filmtod deutlich eleganter gewesen.
Höfels und Hanczewski waren ein bodenständiges Team, von dem man gerne noch mehr gesehen hätte. Immerhin: Karin Hanczewski, die man seit ihrem Auftritt in dem Independent-Film "Lotte" von Julius Schultheiß schwerstens verehrt, bleibt dem "Tatort" erhalten. Dresden ist als Krimi-Standort also nicht verloren.
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