"Die Schlikkerfrauen" - So war die Schlecker-Pleite als Komödie
Berlin - Monatelang beschäftigte die Schlecker-Pleite die Öffentlichkeit. Zehntausende Mitarbeiter verloren mit der Insolvenz des Drogeriekonzerns ihren Job. Das Inventar wurde verscherbelt, Firmengründer Anton Schlecker avancierte zum Inbegriff des Raubierkapitalisten, die Geiz-ist-Geil-Ideologie bekam eine Schramme. Was sich vor zwei Jahren als Drama abspielte, wird jetzt zur Farce. Der Privatsender Sat.1 zeigte am Dienstag (20.15 Uhr) das Schicksal der "Schlikkerfrauen" als Komödie aus dem Berliner Kiez.
An Stadtteil-Romantik mangelte es der Produktion aus der Filmfabrik von UFA Fiction tatsächlich nicht. Katharina Thalbach als berlinernde Filialleiterin Greta und Annette Frier in der Rolle der Angestellten Angie wollen die bedrohte Filiale in Berlin-Moabit vor der Schließung retten. Schon als Kölner Anwältin "Danni Lowinski" hatte Frier die burschikose Kämpfernatur gespielt. Denn es hat alles nichts geholfen: Der Gehaltsverzicht, die Überstunden, die Sambashow der Kassiererinnen vor dem Laden und die vielen Luftballons - als Theo Schlikker (Sky Du Mont) in seiner Wannsee-Villa den Daumen nach unten dreht, ist auch das Schicksal des Eckladens besiegelt.
Oder doch nicht? "Die Schlikkerfrauen" sind nach dem Vorbild englischer Arbeiterkomödien aus den neunziger Jahren gestrickt. In Filmen wie "Ganz oder gar nicht" oder "Brassed off" schaffen sich abhängig Beschäftigte mit Fantasie und Chuzpe einen Weg aus der Arbeitslosigkeit. Ganz so fantasievoll wie bei den Briten, die es mit Striptease oder einer Blaskapelle versuchen, geht es bei den Frauen im hellblauen Kittel aber nicht zu. Doch immerhin gelingt auch den Damen ein Coup: Sie besetzen das Geschäft und halten den Firmenpatriarchen als Geisel fest, als der sich ausgerechnet in jenem Laden umguckt, aus dem er sein Imperium aufbaute.
Und siehe da - Schlikker zeigt Verständnis für die Not. Denn seine Mitarbeiterinnen warten mit allerlei Vorschlägen auf, wie das Blatt doch noch gewendet werden könnte: Breitere Gänge, mehr Licht, mehr Kundennähe - der Boss gerät ins Schwärmen, erinnert sich an seine Anfänge und gelobt Besserung. Von seiner Frau Gabriele (Catherine Flemming) versucht er, zwei Millionen Euro für den Neuanfang zu erpressen. Doch die spielt nicht mit und vergnügt sich lieber mit dem Insolvenzverwalter (Johann von Bülow) im Bett.
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Autor Uwe Janson, der unter anderem die Guttenberg-Satire "Der Minister" für Sat.1 schrieb, wandelt auf dem schmalen Grat zwischen Arbeiter-Romantik und Klamotte. Er verschafft dem Drehbuch einige Nebenschauplätze, etwa der Liebesbeziehung zwischen der Muslimin Zari (Shadi Hedayati) und der blonden Chris (Sonja Gerhardt), die vom Erfolg in einer Casting-Show träumt. Anders als für die Filialchefin und die Alleinerziehende Angie ist für die beiden Mitstreiterinnen der Job nicht alles, Angestellte des Monats wollen sie sowieso nicht werden.
Ganz so rosig war die Schlecker-Wirklichkeit dann aber doch nicht. Mit der Pleite von Europas ehemals größter Drogeriekette verloren etwa 25 000 Menschen ihren Arbeitsplatz. Die Gläubiger forderten rund eine Milliarde Euro. Das Handelsunternehmen aus Baden-Württemberg hatte zu seinen Bestzeiten rund 9000 Märkte im In- und Ausland.
Fazit von "Die Schlikkerfrauen": Der Versuch, sich diesem ernsten Thema mit einer Komödie zu nähern, er gelingt nur teilweise.
Die TV-Sender bleiben beim Thema Schlecker dran. Sat.1 zeigt im Anschluss an die Komödie eine Dokumentation zur Pleite. Am 13. und 15. Oktober strahlt das ZDF den Zweiteiler "Alles muss raus - Eine Familie rechnet ab" aus - als Drama mit Robert Atzorn als Firmenpatriarchen.
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