Die Herde des Königs
Roland Kaiser spielt im neuen Münsteraner „Tatort“ selbstironisch einen fiesen Schlagerstar, der Frauenherzen bricht
Dieser Münsteraner „Tatort“ wird erst Stunden nach dem Abspann entschieden. Denn es geht am Sonntag weniger darum, wer in „Summ, Summ, Summ“ der Mörder ist, sondern um ein höheres Ziel: Die jahrelangen Quotenkönige Jan-Josef Liefers und Axel Prahl alias Professor Karl-Friedrich Boerne und Frank Thiel (bester Wert 12,11 Millionen Zuschauer) wurden vor wenigen Wochen von Til Schweigers Debüt (mit 12,57 Millionen Zuschauern) entthront. Können sie sich die Krone mit einer neuen Rekordquote zurückholen?
Die Chancen dazu stehen nicht schlecht. Das amüsante Münsteraner Team bekommt populäre Unterstützung in einem wirklich unterhaltsamen Fall: Schlagerstar Roland Kaiser spielt mit und zeigt in der Rolle als Herzensbrecher Roman König seine limitierten Darstellerkünste und seinen wesentlich größeren Mut zur Selbstironie. „Den Roman König gebe ich abends an der Garderobe ab“, erklärt er Boerne, als sich beide in die Historie von Wagneraufnahmen vertiefen. Ein Schlageronkel sei er doch nur für die Fans.
Dumm nur, dass einer dieser weiblichen Fans, zudem noch eine Journalisten, tot aufgefunden wird. Und warum hat der König, nach außen hin treu zu seiner seit Jahren im Koma liegenden Frau, geheim ein ganzes Harem von Verehrerinnen angesammelt und jeder seine ausschließliche Liebe erklärt? „Eine Herde dummer Kühe“, wird eine der Enttäuschten später selbstkritisch sagen. Entscheidend in diesem „Tatort“ sind aber ganz andere Tiere: Spinnen und Bienen, aber mehr wird nicht verraten.
Interessant ist beim Münsteraner „Tatort“ die Vorberichterstattung, denn selbst Mediendienste vermeldeten, es gehe um den „Fall Kachelmann“. Das war selbstverständlich grober Unfug. Und dann zündete „Bild“ am Freitag die nächste Rakete: Roland Kaiser werde wegen des Titelsongs „Egoist“ zum neuen Münster-„Tatort“ gegen seinen Produzenten Jack White gerichtlich vorgehen. Kaiser will verbieten, dass das Stück als Bonustrack auf seinem aktuellen Live-Album kommt, weil es schon zu erfolgreich ist. Auch eine Art, in die Medien zu kommen.
Zwar haben beide Geschichten nicht halb so viel Wirbel verursacht wie sie Til Schweiger mit seinen Wehklagen über den „Tatort“ (doofer Vorspann, zu geringes Budget, blöder Rollenname...) verursachen konnte. Aber eines wird immer deutlicher: Der Krimi allein genügt nicht für die Quotenschlacht, man braucht noch einen Skandal dazu - und sei er noch so konstruiert.
Glücklicherweise ist wenigstens der Film gelungen.
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