"Die Anstalt" mit Max Uthoff und Claus von Wagner in der AZ-Kritik
Angriffslustig, aber auch ein wenig fahrig: Die zweite Folge der Polit-Satire „Die Anstalt“ mit Max Uthoff und Claus von Wagner
Nach der Besetzung der Anstalt durch Max Uthoff und Claus von Wagner flackern noch immer die Flammen, aber nun gehören sie zum westlichen Vorposten des Aufruhrs auf dem Kiewer Maidan. Eine maskierte Frau in Lila namens Pussy (Timo Wopp) demonstriert auf der Barrikade ebenso wie ein Rechtsradikaler in Schwarz (Christoph Sieber). Jochen Busse ist im Rollstuhl und unter flachsblond bezopfter Perücke die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko.
Die Flagge ist allerdings nicht die blau-gelbe der Ukraine, sondern zeigt das Logo der Deutschen Rentenversicherung. In der „Anstalt“ wird nicht um mehr Demokratie gekämpft, sondern um weniger Abzocke bei der Altersversorgung. Das „Flaggschiff des Fernsehkabaretts“, wie das ZDF seine Satiresendung „Die Anstalt“ selbstbewusst einschätzt, hat die aufmüpfige Angriffslust der ersten Sendung nach dem Ausstieg des Franken-Duos Priol und Pelzig ebenso bewahrt wie das fahrige Tempo.
Norbert Blüm als Überraschungsgast
Aber zu jeder Revolution gehört auch ein gewisses Maß an Chaos, in dem der gelernte Jurist Uthoff als bestgekleideter unter den „Anstalts“-Leitern wie ein Klassenlehrer beim Schulausflug auf dem Oktoberfest darum rang, der Fels in der Brandung zu sein. So verhinderte er, dass ein mit Mistgabeln bewaffneter Mob nicht das gesamte Groko-Kabinett lyncht oder war „Der Alte", der mit seinem Assistenten von Wagner nach den Tätern im Fall des Rentenmords an der Altersversorgung der jüngeren Generationen fahndet.
Inmitten der kämpferischen Stimmung fühlte sich Busse wie '68, "obwohl ich schon über 70 bin". Aber weder der Lach- und Schieß-Veteran noch der ebenso schnöselige wie artistische Timo Wopp oder der sympathisch zornige Christoph Sieber mochten den Volkshelden geben.
Für diesen Part schwebte als Überraschungsgast ein leibhaftiger, echter und ehemaliger Arbeitsminister mit dem Lift ein: Norbert Blüm, zwischen 1982 und 1998 zuständig auch für die Renten, hielt eine flammende Rede gegen die „Geschichte gebrochener Versprechen“ bei der privaten Altersversorgung. Und fand sein eigenes von der Realität überholtes Renten-Versprechen auf einem Transparent vor. Das war zwar auf Russisch, doch Blüm übersetzte fast akzentfrei: „Die Renten sind sischä“.
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