Das ZDF zeigt den Film „Midnight in Paris“ von Woody Allen

Good old Europe beflügelt den alten Stadtneurotiker aus Manhattan. Seit 10 Jahren dreht der, der New York nie verlassen wollte, auf unserem Kontinent. Denn hier finanziert man dem Ostküsten-Intellektuellen noch seine Filme und hier hat er mehr Fans als im hollywoodzentrierten Amerika. Und dort ist er auch noch einer dauernden Schmutzkampagne ausgesetzt.
Im Hexenkessel politischer Korrektheit nimmt dann Cate Blanchett ihren Oscar ohne Woody Allen im Publikum an – und dankt ihm nicht einmal mehr. Dabei spielte Woody Allens letzter Film „Blue Jasmine“ sogar wieder in den USA, in San Francisco, nachdem Allens Europafilme ihn wieder zurück ins Big Business gebracht haben.
London gab „Match Point“ und „Scoop“ das Kolorit, eine spanische (oder katalonische) Stadt war dann sogar im Filmtitel („Vicky Cristina Barcelona“). Vor zwei Jahren kam „To Rome With Love“ ins Kino. Und davor Woody Allens erfolgreichster Film überhaupt: „Midnight in Paris“, den das ZDF heute zeigt.
Verachte nie die Gegenwart!
Er war auch 2011 der Eröffnungsfilm in Cannes. Und Woody enttäuschte seine Melancholie-Fans nicht durch zu große Fröhlichkeit: „Ja, es ist hart, sich im Leben zurechtzufinden!“, sagte er und erklärte sogleich das Thema des Films: Owen Wilson ist als Hollywood-Drehbuchautor auf einem Hochzeits-Vorbereitungstrip in Paris. Leider sind auch seine konservativen Tea-Party-Schwiegereltern mit von der Partie. Um Mitternacht – in einer der romantischen Gassen – fährt plötzlich ein Oldtimer vor. Wilson steigt ein und landet wie in einer romantischen Zaubergeschichte in seiner Lieblings-Epoche: auf einer 20er-Jahre-Party, auf der alle seine Helden auftauchen wie Hemingway, Scott Fitzgerald, Cole Porter, Picasso, Dalì.
„Natürlich sind das alles die Helden meiner Jugend“, sagte Allen. Aber die Moral von der Geschicht’? Verachte deine Gegenwart nicht!
Denn wie sagte Woody zum Gelächter der Journalisten in Cannes: „Man fantasiert sich nur in die schönen Seiten vergangener Epochen hinein. Aber was nutzt alles, wenn es beim Zahnarzt noch keine richtige Narkose gibt, Antibiotika noch nicht erfunden sind und ,Klimaanlage’ ein Fremdwort ist?“ Da Allen bei allem Dauerpessimismus vor allem auch ein Romantiker ist, zeigt er Paris als makellose Postkarten-Schönheit. „Ich habe auch Manhattan immer gezeigt, wie man es gerne in Filmen sieht. Und so zeige ich auch Paris: das gefühlte Paris, nicht das wirkliche.“
Bei allem Jubel für Allens Schmeicheleien an Frankreich ging damals eine kleine Anekdote unter. Carla Bruni – die im Film eine Nebenrolle hat – war nicht am Roten Teppich erschienen, weil das Festival damals auch einen Dokumentarfilm zeigte, der ihren Mann, Sarkozy, als schmutzigen Wahlkämpfer zeigte. Er verlor dann ja auch gegen Francois Hollande. Aber Sarkozy ist ein bekanntes Stehaufmännchen, wie der alte Allen.
Heute, Montag, 23. 6., 22 Uhr, ZDF