Corinna Harfouch: Bei ARD und ZDF fehlt die Fantasie

München - Schauspielerin Corinna Harfouch (59, "Puppe") vermisst bei ARD und ZDF die Kreativität: "Es gibt bei den Sendern nur noch ganz wenige Redaktionen, über die ich sage: Die sind noch irgendwie bei Trost, die denken noch nach, die pflegen noch eine Fantasie, die nicht von Tausenden Regeln erstickt ist", sagt sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Ursache der Misere ist für Harfouch ein grundlegendes Problem: "Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist ein System entstanden, in dem sich der einzelne Mensch kaum noch gegen den Apparat durchsetzen kann."
Aus einem ganz ähnlichen Grund trauert die Thüringerin auch nicht dem größtenteils vergessenen Erbe des DDR-Films nach: "Man muss nicht alles aufbewahren", meint Harfouch. "Vieles war mittelmäßig, hässlich, grob und ungekonnt. Und das sehr absichtsvoll. Die Arbeiter-und-Bauern-Unterhaltung wollte ideologisieren und hat das mehr als holprig angestellt." Interessant wurde es für sie nur, wenn die Kunst sich im Widerspruch zum Regime befand: "Kunst in der Diktatur macht auf eine ambivalente Weise viel mehr Spaß, man spürt sich ganz einfach mehr." Dennoch sei das Leben in einem solchen System ein zu hoher Preis für dieses Gefühl.
Und auch in der heutigen Zeit gebe es große Herausforderungen: "Früher haben wir protestiert, weil wir nicht leben konnten, wie wir wollten", so Harfouch. "Heute hindert uns keiner mehr daran, und jetzt erst müssen wir die Frage beantworten: Wie will ich denn nun leben? Wie lebt man richtig? Die Freiheit ist viel anspruchsvoller als die Kritik an der Unfreiheit."