BR-Programmreform: Mehr Kultur im Nebel
In seiner aktuellen Sitzung beschäftigte sich der Rundfunkrat des BR mit der Reform des Fernsehprogramms.
München - Veränderungen sorgen für Unruhe. Da ist der Bayerische Rundfunk keine Ausnahme. Am Donnerstag beriet der BR-Rundfunkrat über die geplanten Veränderungen am Programmschema des Bayerischen Fernsehens. Es herrschte großer Andrang: Rund 120 Zuhörer drängten sich im Großen Sitzungssaal des Rundfunkrats. Zum ersten Mal wurde die Beratung sogar ins Foyer übertragen.
Was tun gegen die Überalterung? Events, Lifestyle, Lebenshilfe
BR-Intendant Ulrich Wilhelm betonte eingangs die Aufgabe des Senders, über alle Themen des Lebens in Bayern zu berichten. Der durchschnittliche Zuschauer des Bayerischen Fernsehens sei 66 Jahre alt. Dieser dramatischen Überalterung müsse entgegengetreten werden.
In den letzten Tagen hatten Gerüchte für beträchtliche Aufregung gesorgt, der BR wolle die Berichterstattung über Literatur abschaffen. Wilhelm bezeichnete die Annahme als „verfehlt“: „Einen solchen Kahlschlag wird es nicht gegeben“, so der Intendant. Der BR berichte mehr denn je über Literaturfeste in Bayern.
Im Anschluss stellte der stellvertretende Fernsehdirektor Andreas Bönte das künftige Schema vor. Er will mehr junge Familien und junge Menschen zwischen 35 und 55 ansprechen: durch Service, Lifestyle-Themen und Lebenshilfe.
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Der Intendant will bayerischer werden: Und Kultur? Ab 22 Uhr!
Der neue Vorabend beginnt mit regionaler Berichterstattung. Um 20 Uhr soll die „Tagesschau“ der ARD übernommen werden. Das Hauptabendprogramm bayerischer werden: mit Dokumentationen, Fernsehfilmen, Politikmagazinen, „quer“ und einer Bürgersendung.
Nach 22 Uhr ist dann Zeit für den Kulturauftrag. Hier wird auch die Literatur ihren Platz haben. Das Programm am Wochenende soll weitgehend unverändert bleiben.
Der Schriftsteller Robert Stauffer kritisierte die Wiederholung von Sendungen, die auch im Internet abrufbar seien. Außerdem hafte an den schwammigen Formulierungen im neuen Programmschema viel „Anstaltsballast“. Martin Wolzmüller (Landesverein für Heimatpflege) kritisierte die Fixierung auf Events und warnte vor einer Bürokratisierung durch die Einführung von Fachredaktionen.
Fernsehdirektorin Bettina Reitz erklärte, die Kulturberichterstattung werde in Zukunft gestärkt. Sie wolle lediglich die Zersplitterung der Sendeplätze überwinden.
Literatur-Kahlschlag ist offenbar vom Tisch
Wenn Aussagen im Rundfunkrat einen Wert haben, ist der befürchtete Kahlschlag bei den Literatursendungen nach dieser verbalen Sendung der Chefetage ausgeschlossen.
Mehrere Rundfunkräte forderten mehr Transparenz bei der Umsetzung der Reform des Programmschemas. Sie sprachen sich dagegen aus, langjährig Beschäftigte feste Freie Journalisten vor die Tür zu setzen. „Machen Sie es mit den jetzigen Mitarbeitern und Mitarbeitern, dann wird’s ein Erfolg“, sagte die fränkische SPD-Abgeordnete Inge Aures. Und ihr CSU-Kollege Hans Herold pflichtet ihr bei.
Das klang nicht schlecht. Aber andererseits wollte Fernsehdirektorin Bettina Reitz Teilkündigungen nicht ausschließen. Ansonsten versuchte die Leitungsetage des Senders fast jede Einsparung als positive Weiterentwicklung und eine Mobilisierung von Synergien zu verkaufen. Und das wirkte angesichts der Sparzwänge wie eine Vernebelung oder Verharmlosung.
Der BR will Mitte Februar 2016 auf das neue Schema umstellen. Der Rundfunkrat muss in dieser Angelegenheit gehört werden, hat aber nur beratende Funktion.
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