Ben Becker lotet die Extreme aus
So düster war der Kölner "Tatort" selten. Nachdem beim letzten Mal die Assistentin von Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) getötet worden ist, kam auch "Der Fall Reinhardt" als beklemmendes Psychodrama daher, ganz ohne die üblichen lockeren Sprüche, mit denen Bär und Behrendt ihre Fälle sonst gelöst haben. Und die Zuschauer dankten es mit Rekordquote: Stolze 11,29 Millionen wollten am Sonntag zusehen - das beste Ergebnis des Kölner Ermittlerduos bisher. Laut "Meedia" lockten in den vergangenen zwei Jahren nur die Ermittler aus Münster und Til Schweigers "Tatort"-Debüt mehr Menschen vor die Bildschirme.
Neben dem harten Thema lag dies sicherlich auch an den fabelhaften Episodenrollen. Neben Susanne Wolff (40), deren Darbietung ins Mark traf, gab es ein Wiedersehen mit Ben Becker (49). Als verschollen geltender Gerald Rheinhardt war seine Präsenz schon spürbar, bevor er überhaupt auf dem Bildschirm auftauchte. Dann bewegte sich der Charakterkopf mit gewohnter Leichtigkeit in die emotionalen Extreme - ob unbändige Wut oder zermürbende Traurigkeit.
Extreme sind dem Enfant Terrible unter den deutschen Schauspiel-Stars nicht fremd. Nicht nur vor der Kamera oder auf der Bühne geht Becker bis an die Grenzen. Auch privat ist der 49-Jährige für seine Exzesse bekannt. Gerüchte und Geschichten von Wutausbrüchen sowie Alkohol- und Drogenexzessen umgeben den charismatischen Mimen seit Jahren. Einer davon brachte ihn sogar an die Schwelle des Todes. "Ich bezeichne diese Erfahrung ja immer als einen Unfall, und das war es auch. Es war zwar ein dusseliger Unfall, aber dennoch ein Unfall. Und natürlich lässt einen so etwas nicht unbeschadet zurück", beschrieb er seine Nahtoderfahrung im Interview mit spot on news.
Dennoch ist Beckers Hunger nach Leben ungebrochen; so habe er auch keine Angst vor dem Tod, sondern vielmehr "Verlustängste" in Bezug auf das Leben. "Ich liebe das Leben, mit allem, was dazugehört", betont Becker. Das spiegelt sich auch in seiner Arbeit wieder. Obwohl ihn sein Auftritt in "Comedian Harmonists" 1997 endgültig zu einem der großen Stars des deutschen Kinos machte, machte er sich auf der Leinwand rar. Stattdessen spielte er Theater, machte Musik, schrieb Kinderbücher, gab Lesungen. So wie das Leben selbst will Becker alle Aspekte seines künstlerischen Könnens auskosten.
Sein einprägsamer Auftritt im Kölner "Tatort" weckt Hoffnungen, dass man den Mimen von nun an wieder öfter im deutschen Fernsehen oder auf der Leinwand bewundern darf. Immerhin kann er sich auch eine Rolle in einem Krimi des Berliner Ermittlerteams mit seiner Schwester Meret Becker (45) als neuer Kommissarin vorstellen. "Vielleicht trägt man mich da ja mal in einem Leichensack durch die Gegend", scherzt er im "Kölner Express". Das Publikum freut sich jedenfalls, dass Ben Becker wieder da ist - Quoten lügen nicht.
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