Bayer will neue Rundfunkbeiträge gerichtlich kippen
Ab 2013 soll jeder Bürger Rundfunkgebühren zahlen, egal, ob er ein Endgerät hat oder nicht. Ein Passauer Jurist findet das ungerecht - und will per Popularklage dagegen vorgehen.
München/Passau - Ein Bayer will das neue Finanzierungsmodell von ARD und ZDF kippen. Mit einer Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof in München will der Passauer Jurist Ermano Geuer die Neuregelung im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag stoppen. Demnach sollen ab 1. Januar 2013 alle Haushalte und Betriebe eine Abgabe zahlen, unabhängig davon, ob sie überhaupt Fernseher, Radios oder internetfähige Computer und Smartphones besitzen. Damit soll die bisher gerätebezogene Gebühr abgelöst werden. Das verletze den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung, es handelte sich um eine sachlich ungerechtfertigte Pauschalierung, argumentiert der Kläger, der wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Universität Passau ist.
Bis zum 15. Oktober können die Verfahrensbeteiligten beim Verfassungsgerichtshof ihre Stellungnahmen abgeben, nämlich der Bayerische Landtag, die Staatsregierung und der Bayerische Rundfunk (BR) als öffentlich-rechtliche Anstalt, die sich überwiegend aus Gebühren finanziert. „Es müssen die Stellungnahmen zu dem Verfahren abgewartet werden“, sagte eine Sprecherin des Gerichts. Dann kann sich auch der Kläger nochmals äußern. Experten rechnen mit einer Entscheidung in dem Verfahren nicht vor 2013. (Az.: Vf. 8-VII-12)
Der Landtag hatte im Juli den Klageantrag in einer ersten Stellungnahme als unbegründet eingestuft. Von vielen Seiten sei eine Vereinfachung der Rundfunkbeiträge verlangt worden, Verfassungsverstöße sehe man nicht. Der BR teilte mit, auch er halte die Klage für unbegründet. „Aus Sicht des BR trägt das Verfahren dazu bei, grundlegende Fragen zur Reform der Rundfunkfinanzierung zu klären und Rechtssicherheit zu schaffen.“
Geuer argumentiert, vor allem für kleine Betriebe mit vielen Betriebsstätten oder für Unternehmen mit großem Fuhrpark stiegen die Gebühren extrem an, weil für jede Betriebsstätte und für jedes Fahrzeug gezahlt werden müsse. Das Rechtsstaatsprinzip sei verletzt, weil die Rundfunkgebühren so zu einer Steuer mutierten: „Geldleistungen, die der Allgemeinheit auferlegt werden, ohne dass diese dafür eine konkrete Gegenleistung erhält“.
Die Bundesländer hätten aber zum Erlass einer solchen Steuer gar keine Kompetenz. Außerdem gebe es Mängel beim Datenschutz. Der Gebühreneinzugszentrale in Köln sollten alle Meldedaten aller Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. „Dadurch entsteht ein zweites und auch noch zentrales Melderegister – das wollte man gerade nicht haben, deshalb sind die Melderegister nach Gemeinden getrennt geführt“, sagt Geuer.
Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag war im vergangenen Jahr von den Länderparlamenten verabschiedet worden, nachdem ihn die Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnet hatten. Die Popularklage ist eine bayerische Sonderform. Jeder Bürger kann die einreichen, ohne von dem betreffenden Sachverhalt betroffen zu sein. Sollte Geuer Recht bekommen, würde dies den Freistaat unter Umständen zwingen, bundesweit eine Neuregelung anzuschieben.