„Auslandseinsatz“: Dilemma deutscher Soldaten in Afghanistan hautnah

Keine Dönerbude, nirgends. Dafür fahle, kahle Wüstenlandschaft, sengende Sonne, zerstörte Dörfer aus Lehm. Und Taliban, Warlords, amerikanische Truppen. Fern ihrer vertrauten Konsumwelt landen die deutschen Zeitsoldaten Daniel (Max Riemelt), Ronnie (Hanno Koffler) und Emal (Omar El-Saeidi) in Afghanistan. Von ihrem 80 Mann starken Außenlager aus wollen sie im Rahmen der ISAF-Mission der Bevölkerung beim Aufbau demokratischer Strukturen helfen. Stattdessen geraten sie mitten in einem Krieg, der sie bald am Sinn ihres Tuns zweifeln lässt. „Auslandseinsatz“ heißt der ARD-Film über den Bundeswehr-Alltag am Hindukusch an diesem Mittwoch um 20.15 Uhr.
Hautnah und massentauglich emotional lässt Regisseur Till Endemann („Flug in die Nacht“) die Fernsehzuschauer teilhaben am todesgefährlichen, oft nervenzerrend konfliktreichen Engagement der jungen Deutschen. Mit Riemelt und Koffler sowie Devid Striesow als Hauptmann und Bernadette Heerwagen als Entwicklungshelferin ist die Koproduktion von WDR, ARD Degeto und Relevant Film GmbH prominent besetzt. Das Drehbuch stammt von Holger Karsten Schmidt („Jenseits der Mauer“). Ihnen allen ist ein Beitrag gelungen, der zwar nicht die großen politischen und wirtschaftlichen Hintergründe des seit 2001 andauernden ISAF-Einsatzes erklärt – dafür aber viele der konkreten inneren und äußeren Probleme spürbar macht, mit denen unsere Soldaten und Soldatinnen zu kämpfen haben.
„Niemand von Ihnen trifft selbstständige Entscheidungen“ und „Mischen Sie sich niemals in interne Angelegenheiten der Afghanen ein“ – diese Befehle von Hauptmann Glowalla sind es, die den Teufelskreis für die ungleichen Jugendfreunde Daniel und Ronnie sowie ihrer Kameraden verschärfen. Denn aus menschlichen Gründen einzugreifen drängt es sie immer wieder – etwa wenn Taliban der Tochter des Bürgermeisters Finger abschneiden, weil sie sich die Nägel lackiert hat. Oder wenn Fanatiker Deutsche als Geiseln verschleppen.
„Auslandseinsatz“ beantwortet die Frage „Was haben wir am Hindukusch zu tun?“ nicht. Vielmehr meint man zu verstehen, dass ein klares „Nein“ oder „Ja“ kaum möglich sind. Sechs Jahre lang zogen sich die Arbeiten von Schmidt, der ausführenden Produzentin Nikola Bock und ihrer Kollegen hin - inklusive vieler Gespräche mit Soldaten und Presseoffizieren der Bundeswehr. Gedreht wurde am Ende im neuen Filmstandort Marokko, dessen Landschaft und Menschen denen in Afghanistan ähneln.
„Das ist schon ziemlich realistisch“, urteilte Fregattenkapitän Martin Kübel, Pressesprecher der Bundeswehr, bei einer Voraufführung im August in Hamburg. „Die Geschichte ist rübergekommen.“ Ursprünglich als Kinofilm geplant, fand sich dafür kein Verleih – doch ist das Fernsehen mit seinen potenziell deutlich zahlreicheren Zuschauern hier wohl auch das bessere Medium.