Zwitschernder Kannibale

Lance Armstrong spricht bei der Tour sehr selten, dafür twittert er oft. Der siebenmalige Tour-Champion sondert dabei viel Belangloses ab, zum Thema Doping freilich äußert er sich nicht.
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Er radelt viel und er twittert viel: Lance Armstrong nutzt das Internet, um mehr als eine Million Menschen über sein Befinden zu informieren.
dpa Er radelt viel und er twittert viel: Lance Armstrong nutzt das Internet, um mehr als eine Million Menschen über sein Befinden zu informieren.

Lance Armstrong spricht bei der Tour sehr selten, dafür twittert er oft. Der siebenmalige Tour-Champion sondert dabei viel Belangloses ab, zum Thema Doping freilich äußert er sich nicht.

LA GRANDE-MOTTE Manchmal spricht er sogar noch. Natürlich nur mit Leuten, die es ihm wert sind. Bono, der U2-Sänger etwa, oder Fernando Alonso, der Formel 1-Pilot. Mit ihnen plauderte Lance Armstrong etwa beim Tour-Auftakt in Monaco. Ansonsten teilt er sich nur noch schriftlich mit. Im Internet, mittels Twitter. Lance Armstrong, der zwitschernde Kannibale.

Hier, bei www.twitter.com kann er sein Leben auf 140 Zeichen reduzieren. So twitterte er am Samstag, dem Unabhängigkeitstag der USA, seine Geburtstagsgrüße über den Atlantik („Happy Birthday, America“), schrieb vom Besuch seines väterlichen Vorbilds Eddy Merckx („Like a father to me“) und über die erste Etappe („Good day today. Team was amazing“) – und ärgerte sich am Sonntag, dass sein texanischer Kumpel Andy Roddick das Wimbledon-Finale verlor. „Damn“ und „Argh“, schrieb er da. Das ist nicht immer gehaltvoll. 2451 Tweets, also Kurznachrichten, hatte er bis Montagnachmittag abgesetzt – Auskünfte in Sachen Doping waren so gut wie gar nicht dabei. Ist kein Twitter-Thema.

Dass Prominente beim Twittern kritische Themen ausklammern, ist für Medienexperte Jo Gröbel ein typisches Phänomen. „Die Intention von Leuten wie Armstrong ist doch, eine größere Authentizität zu suggerieren“, sagt der Kommunikationswissenschaftler, „eine größere Nähe zu den Fans. Allerdings ist es auch ein Drahtseilakt. Jeden Pups mitzuteilen, das kann auch leicht zu einer Übersättigung führen.“

Sonderbar wird es aber vor allem, wenn Armstrong für seinen ein Monat alten Sohn twittert. Denn Max Armstrong, geboren am 4. Juni, hat bereits ein eigenes Twitterprofil. Da kann die ganze Welt dann Sätze lesen wie: „Alles Gute zu meinem Geburtstag. Bin eine Woche alt. Fühle mich schon alt.“ Oder: „Hatte einen Arzttermin, habe die Ärztin angebieselt.“ Oder: „Jetzt werden mir die Windeln gewechselt. Freue mich, wenn ich das selbst machen kann.“ Offenbar gibt es eine Nachfrage für für diesen Kinderkram: Der Account @Maxarmstrong1 hat bereits fast 5000 „Follower“, also Internet-Benutzer, die regelmäßig seine Nachrichten lesen. Papa Lance hat natürlich weitaus mehr. Montagnachmittag waren es 1.285.585 Follower, und während der Tour werden es täglich mehr. In der Liste der beliebtesten Twitterer ist das Rang 14. Noch ist das schlechter als bei der Tour, da war er vor der dritten Etappe am Montag immerhin Zehnter.

Beim Radeln liegen vor ihm Andreas Klöden oder Fabian Cancellara. Beim Twittern Barack Obama oder Britney Spears. Florian Kinast

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