Zweierbobs erleben Schmach von Sotschi

Die Schmach von Sotschi für die erfolgreichste Zweierbob-Nation der Welt ist perfekt: Die deutschen Piloten haben im Sanki Sliding Center ein historisches Debakel erlebt und im kleinen Schlitten ihr schlechtestes Ergebnis bei Olympischen Winterspielen wiederholt.
von  dpa

Sotschi  – Selbst Weltmeister Francesco Friedrich verhinderte mit Anschieber Jannis Bäcker unter den Augen des IOC-Präsidenten Thomas Bach das Fiasko am zweiten Wettkampftag nicht und hatte als Achter einen deutlichen Rückstand von 0,58 Sekunden auf den Bronzerang.

"Wir haben noch einmal alles gegeben und die Risikovariante bei der Kufe gewählt. Es war nicht schlecht, aber auch nicht schneller. Wir hatten einfach keine Chance", sagte ein enttäuschter Friedrich.

Noch desolater als der jüngste Weltmeister der Geschichte präsentierten sich Routinier Thomas Florschütz, vor vier Jahren in Vancouver noch Silbermedaillen-Gewinner, auf Rang elf und Vierer-Weltmeister Maximilian Arndt als indiskutabler 15. Ebenso schlecht schnitten deutsche Zweierbobs bei Olympia nur 1956 ab, als Anderl Ostler ebenfalls Achter wurde.

"Wir haben alles probiert, um auf Geschwindigkeit zu kommen. Es ist aber von Anfang an nicht richtig gelaufen", stellte Bundestrainer Christoph Langen resigniert fest. Kevin Kuske, der als Anschieber Andre Lange 2010 in Vancouver zum Olympiasieg verholfen hatte und nun bei Florschütz im Bob saß, wählte in der ARD angesichts des schlechten Materials noch deutlichere Worte: "Wenn wir damals in einem Formel-1-Wagen saßen, fahren wir jetzt in einem Trabi."

Den letzten medaillenlosen Auftritt hatte es im kleinen Schlitten zuvor 1994 in Lillehammer gegeben. Die Fußstapfen, die Langen (2002) und Lange (2006 und 2010) mit ihren Olympiasiegen im Zweier hinterlassen haben, waren für ihre Nachfolger in Sotschi mehrere Nummern zu groß.

Wie weit die internationale Konkurrenz den erfolgsverwöhnten deutschen Bobs enteilt ist, zeigt Friedrichs riesiger Rückstand von 1,46 Sekunden auf den souveränen Olympiasieger Alexander Subkow. Der Vertraute des Staatspräsidenten Wladimir Putin bescherte Gastgeber Russland das ersehnte erste Bob-Gold seit 1988. Silber ging in Anwesenheit des fünfmaligen Bob-Olympiateilnehmers Fürst Albert von Monaco an den Schweizer Beat Hefti (+0,66) vor Vierer-Olympiasieger Steven Holcomb (+0,88) aus den USA. Deutschlands einstige Vormachtstellung im Bobsport ist vorerst dahin.

"Das ist eine Schande", sagte selbst Fürst Albert. Auf der Olympiabahn wurden die Defizite der BSD-Teams gnadenlos aufgezeigt. Verheerende Zeitrückstände am Start, offensichtliche Materialprobleme mit dem neuen Schlitten "208" und unerklärliche Fahrfehler – Bundestrainer Langen hatte einen dicken Hals: "Wir haben sicher Nachteile beim Material, aber auch die Startzeiten haben uns viel gekostet. Und mit der Fahrweise bin ich auch nicht zufrieden."

Florschütz lächelte zwar, betonte aber: "Das ist Galgenhumor". Arndt zeigte sich "ratlos und enttäuscht", versprach aber für die Königsdisziplin Vierer zum Olympia-Abschluss am kommenden Wochenende Besserung.

BSD-Sportdirektor Thomas Schwab kündigte wegen des Material-Problems für die Zeit nach Olympia Gespräche mit dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) an. "Es ist ein gemeinsames Produkt, auch wenn es mal nicht so umgesetzt wurde, wie wir es uns gewünscht hätten", sagte Schwab in der ARD.

Schon der Start in die Olympia-Mission war peinlich gewesen. Weil die Trainer zu spät zur obligatorischen Mannschaftsführersitzung gekommen waren, mussten die deutschen Schlitten als Strafe in allen Trainingsläufen von den letzten Startplätzen bei bereits ramponierter Bahn losfahren. Arndt nannte das Versäumnis süffisant einen "super Schachzug der Trainer".

 

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