Zum Verlieben

Ein Torjäger im Erfolgsrausch, ein Trainer im Glück, ein Manager in Verzückung: Die Bayern überrollen Dortmund und zaubern eine denkwürdige halbe Stunde Fußball von einem anderen Stern.
von  Abendzeitung
Meisterliche Bayern.
Meisterliche Bayern. © AP

Ein Torjäger im Erfolgsrausch, ein Trainer im Glück, ein Manager in Verzückung: Die Bayern überrollen Dortmund und zaubern eine denkwürdige halbe Stunde Fußball von einem anderen Stern.

Rausnehmen wollte er den Helden von Getafe. In der Halbzeit. Ottmar Hitzfeld fragte Luca Toni, ob er nicht lieber in der Kabine bleiben wolle. „Doch das wollte er nicht“, erzählte Bayerns Coach hinterher schmunzelnd, „Luca sagte einfach nur: ,Tore! Tore! Tore!’“ Genug Argumente, um weiter zu spielen.

Ein Torjäger im Erfolgsrausch, ein Trainer im Glück, ein Manager in Verzückung, ein Stadion in Ekstase, ein Verein auf dem Weg zum Triple : Am Ende stand gestern ein wundervolles, ein grandioses 5:0 des FC Bayern gegen Dortmund. Magisch war’s, vor allem in den ersten 30 Minuten. Denkwürdig.

Stolz verkündete Manager Uli Hoeneß: „Ich glaube, wir haben lange nicht so eine schöne halbe Stunde erlebt. Das war Fußball zum Verlieben, das war Fußball von einem anderen Stern.“ Einem Stern, der Ottmar Hitzfelds Namen trägt. Denn der Trainer schickte seine Getafe-Helden („Das war ein riesiger Adrenalinstoß, den wir bis heute konservieren konnten“) mit einem klaren Auftrag in die Generalprobe fürs Pokalfinale am Samstag: Blitzschnell die Entscheidung suchen!

„Das war sehr klug gemacht“, lobte Hoeneß, „wir wussten, dass wir nicht die Kraft für 90 Minuten haben würden, da haben wir eben in der ersten Halbzeit Vollgas gegeben. Was wir da abgezogen haben, das war vom Allerfeinsten. Bei den ersten vier Toren war jedes das Eintrittsgeld wert!“ Präsident Franz Beckenbauer schwärmte bei „Premiere“: „Das war Fußball zum Genießen.“ Was auch der zum Saisonende scheidende Trainer Hitzfeld tat. Hinterher meinte der 58-Jährige, der oftmals so abgespannt, so leidend auf der Bank wirkt, sichtlich gelöst: „Es gibt so Spiele, da klappt einfach alles!“

Da ist es auch ohne Belang, ob zwei der größten Stars ausfallen. Dass Miroslav Klose mit Rückenproblemen fehlte? Egal. Schon in Minute drei versenkte Ersatzmann Lukas Podolski (nach Tonis Ablage) den Ball mit einem herrlichen Schuss im Winkel – das 1:0. Dass Franck Ribéry wegen einer Fußprellung passen musste? Egal. Da schwang sich eben Zé Roberto zum Spielmacher auf. In Minute acht erzielte er nach perfekter Lahm-Flanke das 2:0, in Torjäger-Manier drückte er den Ball unter die Latte.

Das 3:0 war wieder so ein Toni-Ding: Der Tore-Tore-Tore-Italiener drehte die Kugel mit dem rechten Außenrist ins lange Eck (18.). Beim 4:0 kombinierten die Bayern dann wie im Training: Ballgewinn am eigenen Strafraum durch Demichelis, Toni per Hacken-Ablage auf Schweinsteiger, der legte einen Ball wie auf Scenen perfekt in den Lauf von Zé Roberto. Der Brasilianer wartete auf Toni, hob zum heransprintenden Italiener – drin (22.).

„Alle vier Treffer waren herausgespielt. Das war kein Zufall“, lobte Hoeneß und begeisterte sich vor allem für Tor Nummer vier: „Wenn der DFB einen Lehrfilm drehen will über Konterfußball, dann können sie dieses Tor nehmen.“ Und: „Es war besonders schön, dass die Mannschaft gezeigt hat, dass sie auch ohne Franck, dass sie auch ohne Miroslav Zauberfußball spielen kann.“

Es war einfach die perfekte halbe Stunde. „Fantastischer Fußball war das“, staunte Bastian Schweinsteiger und fügte hinzu: „Wir wussten, dass wir sowas können, aber heute wir es gezeigt.“ Und alle, die es gesehen haben, glücklich gemacht.

Jochen Schlosser

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