Zu Besuch bei Georg Hackl: Magie für Gold in Sotschi
Berchtesgaden - So könnte man sich das vorstellen: Der Hackl Schorsch rührt wie Druide Miraculix in einem riesigen Kupferkessel sein Gebräu an, Felix Loch und Natalie Geisenberger nehmen einen großen Löffel – und rasen dann galliermäßig aufgetankt über die Sotschibahn zu Olympiagold.
Und auch wenn Georg Hackl über die Geheimnisse des Schlittenbaus sagt: „Es ist eine schwarze Kunst, wie früher die Alchemie. Man einer würde sich eher Zunge abbeißen, als ein Sterbenswörtchen zu erzählen“ – zaubern kann die bayerische Rodellegende leider nicht. Doping ist, anders als bei Asterix und Obelix, eh verboten.
Dass es trotzdem was werden könnte bei den Olympischen Spielen, davon ist Georg Hackl überzeugt. Der dreifache Goldgewinner sitzt an der Bar eines Berchtesgadener Hotels, hat sich einen Backhendlsalat und Johannisbeerschorle bestellt – und auf den vermutlich übermenschliche Kräfte verleihenden Cocktail „Sotschi Power“, der an einer Schiefertafel angepriesen wird, verzichtet.
Hackl, selbst dreimal Olympiasieger und mittlerweile Fahrtechnicktrainer und Schlittenbauer der deutschen Olympia-Rodler, wirkt entspannt. Kann der Mann, der für die perfekte Einheit aus Athlet und Schlitten sorgt, auch sein. Der Berchtesgadener Felix Loch (24) und die Miesbacherin Natalie Geisenberger (25) sind die Favoriten im Eiskanal. Loch holte 2010 in Vancouver Gold, gewann den Weltcup zuletzt dreimal in Serie. Geisenberger, vor vier Jahren noch Dritte, siegte in diesem Winter bei sieben von acht Weltcups. Es geht nicht viel besser. „Die beiden kommen zum Zenit ihrer Leistung und haben das notwendige Selbstvertrauen“, sagt Hackl. Das war bei Natalie Geisenberger nicht immer so. „Dadurch, dass sie in den vergangenen zwei Jahren aus dem Schatten von Tatjana Hüfner heraustreten konnte, hat sie sehr an Selbstbewusstsein gewonnen. Sie zweifelt nicht mehr an sich, rodelt locker und befreit auf, macht weniger Fehler als früher.“
Mit Fehlern hatte Felix Loch nie ein Problem – und das kann Geog Hackl manchmal gar nicht verstehen. „Ich war verbissener als der Felix, bin mir damit oft selbst im Weg gestanden“, sagt Hackl. „Der Felix hat eine gewisse Lockerheit, die mich manchmal zunächst aus der Fassung bringt, wodurch er aber Probleme wesentlich leichter löst." Hackl kennt Felix, den Sohn des Rodel-Bundestrainer Norbert Loch schon aus dem Kinderwagen. Ein paar Jahre später stand der kleine Felix dann mit Hammer und Feile an der Werkbank, über die er noch nicht einmal schauen konnte. „Der Felix ist ein positiv Verrückter“, sagt Hackl. „Er bastelt wahnsinnig viel an seinen Schlitten. Er will das maximale Potenzial in seiner Sportart erreichen. Er fährt absichtlich mal mit dem zweit- oder drittbesten Schlitten, weil er weiß: Mit dem besten kann er es. Er macht das, um sich selbst zu fordern.“
Und Natalie Geisenberger? „Sie ist unheimlich ordentlich und gewissenhaft, wahnsinnig zielstrebig. Für die Natalie sind zählbare Erfolge wichtiger als beim Felix – und alles, was damit verbunden ist: Ehre und Anerkennung zu bekommen, auch die positiven materiellen Annehmlichkeiten“, sagt Hackl. „Aber vor allem, positiv wahrgenommen zu werden."
Dafür arbeitet das Trio – nicht nur an der Rodelbahn, sondern auch in Hackls Werkstatt. „Es ist normal, dass Felix sich als Mann handwerklich mehr engagiert. Man kann fast sagen, dass er vor dem Training in der Werkstatt ist, hobelt und feilt. Und nach dem Training auch wieder.“ Darin erkennt sich Hackl selbst wieder. Und in der Liebe zum Detail. „Das Einschätzen können, dass bestimmte Dinge gut oder sehr gut funktionieren. Auch wenn wir was für den Alltag oder Werkzeug kaufen, kaufen wir kein Billigteil, sonder was Gescheites. Einer der Lieblingssätze vom Felix ist: ,Kaufst du billig, kaufst du zweimal’. Natalie ist ebenso akkurat und ordnungsliebend, benötigt mich aber für die handwerkliche Umsetzung öfter als der Felix.“ Weil’s ein bisserl Hacklmagie eben doch braucht für die Goldfahrt im Eiskanal.