„Zirkus liegt mir nicht“
Wie Erich Kühnhackl, Deutschlands Eishockey-Spieler des Jahrhunderts, seinen 60. Geburtstag feiert.
LANDSHUT Gefeiert wurde er in seinem Leben schon genug. Deswegen lässt es Erich Kühnhackl, Deutschlands Eishockeyspieler des vergangenen Jahrhunderts, am Sonntag an seinem 60. Geburtstag entspannt angehen. „Eigentlich wollte ich nur im kleinen Kreis mit der Familie was auf der Terrasse machen, aber dann haben sie mich überredet, dass wir zum Brunch auf eine kleine Insel ganz in der Nähe von Landshut gehen“, sagt der Jubilar der AZ, „ich ich bin kein Feier-Biest wie der Louis van Gaal, der große Zirkus liegt mir nicht.“
Die große Eishockey-Bühne, sie lag ihm aber sehr. In Tschechien (Citice) aufgewachsen, sorgte er dort beim Zweitligisten Banik Sokolov für Furore. Drei Tage nach dem Einmarsch der Russen in Tschechien durfte die Familie nach Landshut ausreisen. Dort wurde der damals 17-Jährige, der wegen seiner 1,96 Meter Körpergröße nur „der Lange“ genannt wurde, gleich im ersten Jahr Deutscher Meister. „Das ist sicher eines der Highlights für mich gewesen, auch, dass ich gleich in die deutsche Nationalmannschaft berufen wurde – oder Bronze bei Olympia 1976, das bleibt im Gedächtnis“, sagt Kühnhackl, „wenn ich manchmal so eine Runde Golf für mich allein spiel’, lasse ich die Gedanken schweifen. Je mehr ich nachdenke, umso mehr muss ich sagen: Die Zeit ist viel zu schade, um sie mit negativen Gedanken zu verschwenden. Das Leben ist wunderschön, ich genieße jeden Tag.“
Wie kurz das Leben sein kann, hat Kühnhackl vor fast genau zwei Jahren erfahren müssen, als seine Schwester im Alter von nur 66 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben ist. Kühnhackl: „Es kann jeden Tag vorbei sein, deswegen sollte man jeden Tag genießen. Mir geht die Familie über alles.“ Seit 37 Jahren ist Kühnhackl mit seiner Sylvie verheiratet, die beiden haben zusammen drei Kinder. Kühnhackl: „Meine, Frau, die Kinder, die Enkelkinder, sie alle sind das größte Geschenk für mich, größer als jeder sportliche Erfolg.“
Davon hat er ja nicht wenige. In der Bundesliga spielte der „Kühlschrank auf Kufen“ 774 Mal, erzielte dabei 724 Tore. Mit seinen 131 Treffern in 211 Nationalmannschaftsspielen ist er der beste Goalgetter der Geschichte. Vier Mal wurde er deutscher Meister, drei Mal zum Spieler des Jahres gekürt, bei der WM 1978 war er mit 15 Scorerpunkten der einzige deutsche WM-Torschützenkönig. „Das alles hat seinen Wert, aber auch zu sehen, dass die Tschechei, wo ich 17 Jahre gelebt habe, nun ein freies Land ist, war ein bewegender Moment“, sagt Kühnhackl, der im Moment Vizepräsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) ist. Ein bewegender Moment, anders als sein 60. Geburtstag. „Das ist auch nur ein Tag. Den werde ich genießen und mich auf den nächsten freuen.“
Matthias Kerber
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