„Zieht die Schweine aus dem Verkehr!“
Medaillenhoffnung Michael Rösch über neue Dopingskandale kurz vor Beginn der Biathlon-WM.
AZ: Herr Rösch, Ihr Sport macht negative Schlagzeilen. Biathlon-Olympiasiegerin Albina Achatowa, Weltcup-Spitzenreiterin Jekaterina Jurjewa und Weltmeister Dimitri Jaroschenko stehen unter Dopingverdacht – und das wenige Tage vor Beginn der WM in Pyeongchang. Wie haben Sie von den neuen Dopingmeldungen um die russischen Topstars erfahren?
MICHAEL RÖSCH: Ich habe davon beim Trainingslager in Südtirol im Videotext gelesen, und Bundestrainer Frank Ullrich hat uns schon einmal vorgewarnt, dass es ein paar Gerüchte gibt. Dann haben wir es gelesen - und waren natürlich erschüttert.
Was war Ihr erster Gedanke?
Scheiße.
Waren Sie überrascht?
Was heißt überrascht? Die IBU (Biathlon-Weltverband, d. Red.) ist einen konsequenten Weg gegangen, gewisse Nationen häufiger zu kontrollieren. So blöd das klingt: Es ist ja gut, dass jetzt etwas gefunden wurde, um die - ich sag's bewusst – Schweine aus dem Verkehr zu ziehen.
Es soll sich um ein völlig neues Dopingmittel handeln.
Es gibt ja zum Beispiel den Fall, wo eine 18-jährige Langläuferin einen Hustensaft genommen hat, der für Kinder bestimmt war. Und da war eben ein Mittel drin, das auf der Dopingliste steht. Das war einfach Dummheit, Unwissenheit. Ein Mittel wie EPO dagegen ist ja nicht einfach in irgendeiner Flasche drin, sondern wird vorsätzlich verabreicht. Mit dem Wissen und Wollen, besser zu werden. Das ist der große Unterschied. Uschi Disl forderte bei besonders schweren Vergehen lebenslängliche Sperren.
Uschi Disl forderte bei besonders schweren Vergehen lebenslängliche Sperren.
So schwierig das in der Praxis auch ist: Man muss da Abstufungen finden. Wenn aber jemand vorsätzlich EPO oder ähnliche Mittel nimmt oder Blutdoping betreibt, dann müssten die Strafen schon - vielleicht nicht auf lebenslang - aber auf alle Fälle konsequenter erhöht werden. Da trainierst du zwei Jahre weiter und kannst wieder im Wettkampf mitlaufen. Wie im Fall Medwedzewa: Die ist jetzt wieder im Weltcup dabei - und das ist schon hart.
Was fällt Ihnen zum WM-Austragungsort Pyeongchang ein?
Man muss es erst einmal schreiben und aussprechen können. Es ist schon ungewohnt, dass dort Biathlon ausgetragen wird. Vor allem eine WM. Da drüben haben sie uns erst einmal gefragt, ob wir auf Menschen schießen oder was Biathlon überhaupt ist. Da wusste keiner, was los ist. Beim Weltcup im letzten Jahr haben die sich Mühe gegeben. Es waren halt wenig Zuschauer da. Aber, mein Gott: Für uns Deutsche ist das gut, ein bisschen Ruhe zu haben.
Interview: A. Morbach