Zehn Schritte zum Langlauf-Glück

Die nordische Skiserie der AZ, Teil 2: Wie Sie sich fit machen für die schmalen Latten – Kurs buchen, gezielte Übungen für die Muskeln, Bergauf-Sprints und natürlich die Wahl des richtigen Materials
Skiwandern ist wunderbar. Man marschiert und gleitet bedächtig über die Loipe, genießt die Landschaft, die Ruhe und die prächtige Brotzeit bei der Hütten-Einkehr. Ein genussvoller und erholsamer Tag ohnegleichen! Doch Skiwandern hat – sorry, liebe gemütlich Genießenden – so wenig mit Skilanglauf zu tun wie Bergwandern mit Berglaufen. Das eine ist eine prima Fitness-Betätigung, das andere jedoch bereits richtiger Sport – und von jenem soll hier die Rede sein.
Was ist denn nun das Fabelhafte am Skilanglaufen, dass so viele nach ihm süchtig sind? Es ist das Gefühl des Gleitens – wenn alles gewissermaßen fließt. Doch dieses scheinbare Fließen erlebt nur, wer genügend Power besitzt. Und natürlich nur, wer diese Power richtig einzusetzen versteht. Indem er die Technik beherrscht.
Wie also soll jemand vorgehen, der richtig Langlaufen lernen will? Der noch nie auf diesen schmalen Latten stand, aber ein Profi werden will? Ganz einfach: Er soll einen Kurs in einer speziellen Langlauf-Skischule absolvieren. Denn wer es auf eigene Faust zu lernen versucht, ist in der Loipe meist schon von weitem zu erkennen – an seinem unrhythmischen Gehacke nämlich.
Dabei ist Cross Country unter richtiger Anleitung gar nicht so schwer zu lernen. Ein aufmerksamer Trainer achtet von Anfang an darauf, dass sich kein Rhythmus-Fehler in den Laufstil einschleicht. Der Vorteil einer geschulten Technik-Grundlage: Man benötigt dadurch sehr viel weniger Kraft, weil man gleitet statt stampft. Und so gehen Sie vor: Die zehn Schritte der AZ zu Ihrem Langlauf-Glück:
Buchen Sie am besten noch vor Weihnachten, spätestens bis Mitte Januar, einen einwöchigen Anfänger-Kurs in einem schneesicheren Wintersport-Ort – und zwar in einer Skilanglaufschule, bei der Sie sich Ski ausleihen können. Fragen Sie bei der Buchung, welches Bindungs-System auf den Leih-Skiern montiert ist. Und kaufen Sie sich in Ihrem Sportgeschäft vor Antritt der Reise Langlauf-Schuhe, die zu diesem Bindungs-System passen. Außerdem Stöcke, die bis zum Kinn reichen. Und natürlich einen Langlaufanzug. Dazu noch schweißableitende Sportunterwäsche, spezielle Langlauf-Handschuhe und -Socken sowie Mütze und Stirnband. Sollten Sie irgendwann feststellen, dass Skilanglauf doch nicht das Richtige für Sie ist, so können Sie alle erworbenen Kleidungsstücke spielend leicht für andere Sportarten verwenden.
Betreiben Sie schon seit längerem Nordic Walking und haben die Technik dazu in einem richtigen Nordic Walking-Kurs erlernt, so sind Sie dadurch bereits ausgezeichnet vorbereitet für den Skilanglauf. Falls nicht, sollten Sie sich anderweitig auf diesen Langlauf-Kurs vorbereiten: Mit Jogging für die Ausdauer und Beinstärkung, Zugseilübungen für die Trizeps-Schulung, Bauchmuskel- und Rückengymnastik für die Körperkräftigung und mit Stretch-Übungen für den Adduktorenbereich, der durch den Diagonalschritt beim Langlauf besonders beansprucht wird.
Für besonders Sportliche: Gibt es einen Hügel in Ihrer Nähe, so machen Sie Bergauf-Sprints mit ganz langen Schritten, wie sie ein Dreispringer bei seinen ersten zwei Sprüngen vollführt. Dies ist in ähnlicher Form auch mit Treppenläufen im Hochhaus möglich – aber dann bitte immer mehrere Stufen auf einmal nehmen! Benutzen Sie außerdem auf dem Weg zur U-Bahn nie die Rolltreppe.
Derart präpariert, werden Sie im Urlaub im Langlauf-Kurs äußerst rasch gute Fortschritte erzielen. Dank Ihrer körperlichen Fitness können Sie sich bereits voll auf die Technik konzentrieren. Wer hingegen einen Langlauf-Kurs bucht, um fit zu werden, denkt zwar löblich, aber wird im Kurs mit schmerzenden Muskeln bestraft. Und schmerzende Muskeln lernen viel zäher als lockere. Auf jeden Fall: Absolvieren Sie nun diesen einwöchigen Kurs, natürlich bis zum letzten Tag.
Kaufen Sie sich nach dem Kurs anschließend Ihre eigenen Langlauf-Ski samt Bindung, die vom System her zu Ihren bereits erworbenen Schuhen passt. In manchen Kursen können Sie die Leihausrüstung, an die Sie sich vielleicht gewöhnt haben, gebraucht günstig erwerben.
Laufen Sie dann im restlichen Januar und im gesamten Februar so viel Sie können. Üben Sie dabei immer wieder das Erlernte.
Buchen Sie im März erneut einen Langlaufkurs – dieses Mal für Fortgeschrittene.
Laufen Sie anschließend so viel wie möglich bis zum Ende der Saison.
Bereiten Sie sich im Herbst 2011 wie bereits beschrieben auf den nächsten Winter vor. Auf Ihren zweiten. Er wird wunderbar werden!
In jenem zweiten Winter sollten Sie vielleicht auch damit beginnen, sich mit Skating zu beschäftigen –dem fetzigen Schlittschuhlaufen auf (kürzeren) Skiern. Ein Riesen-Spaß! Auch hier gilt: zum Erlernen unbedingt einen Kurs buchen! Wenn Sie die Grundbegriffe des Skatings beherrschen, können Sie im darauffolgenden Sommer dann wunderbar mit Ihren Inline-Skatern durch die Gegend düsen – mit Skistöcken in den Händen. So, wie die Top-Profis. Diese nennen diese Art der Fortbewegung übrigens Nordic Blading.
Wenn Sie diese zehn Schritte befolgen, werden Sie relativ rasch zum Langlauf-Crack und können schon bald durch die oberbayerische Winterlandschaft jagen, oder sich auf Abenteuer-Touren nach Grönland oder Alaska aufmachen. Denn Skilanglauf kennt keine Grenzen. Fast. Genau so wie Ihr Körper.
Jupp Suttner