Wolke lobt Maske: "Der bedingungslose Sir Henry"
Henry Maske wird 50. In der AZ erklärt sein Trainer Manfred Wolke das Phänomen Maske, erzählt Anekdoten – und verrät, was ihn so stark machte: „Sein Charakter, nicht sein Talent.“
AZ: Herr Wolke, nächstes Jubiläum für Ihren Musterschüler, Ihre boxerische Meisterprüfung – Henry Maske wird am Montag 50 Jahre alt!
MANFRED WOLKE: Oh ja, der Henny! Wir hatten schon eine tolle Zeit. Ich wünsche ihm das Beste der Welt. Und dass er bleibt, wie er ist. Denn sein Charakter, nicht sein Talent, war es, der ihn groß gemacht hat, der ihm zu dem Henry Maske gemacht hat, von dem man nun sagen kann – und muss – dass er eine der größten Sportpersönlichkeiten Deutschlands ist.
Was zeichnet ihn denn in Ihren Augen besonders aus?
Seine Bedingungslosigkeit. Er war einer, der nicht nur zuhörte – und davon gibt es schon nicht viele, sondern das auch annahm. Davon gibt es noch weniger. Und es dann bedingungslos umsetzte. Davon gibt es ganz wenige. Wenn man – so wie ich – das Boxen nicht als einen Sport versteht, bei dem sich zwei Männer gegenseitig vernichten wollen, sondern als einen Sport, der über den Intellekt gewonnen wird, sind die Anforderungen sehr hoch. Henny war dem gewachsen.
Haben Sie diese besondere Qualität bei Ihrem ersten Aufeinandertreffen erkannt?
Maske war 17, als ich ihn in unsere Spitzengruppe geholt habe. Und wissen Sie was? Er war im ersten Moment erschrocken. Von der Energetik, die da freigesetzt wurde. Aber dieser Schrecken hat ihn nicht abgeschreckt. Er hat gearbeitet, bis der Schrecken weg war. Henny war nicht mein talentiertester Boxer, da gab es andere, aber seine Bedingungslosigkeit ließ ihn über die anderen erwachsen.
Ihr bedingungsloser Sir Henry...
Ja, mein bedingungsloser Sir Henry.
Sie wurden so etwas wie eine Vaterfigur für Maske.
Eigentlich mag ich dieses Gerede von Vaterfigur nicht. Als Trainer muss ich sehr hart sein. Da verwendet man schon mal eine Ansprache, die so hart ist, dass die Jungs lange drüber nachdenken. Aber Henny und ich hat was Besonderes verbunden. Es ist sicher so, dass ich mit ihm sehr viel Glück hatte, aber er auch mit mir. Als es zu den Profis ging, war ich seine Triebfeder. Er wusste nicht, ob er es machen soll. Aber ich war immer Profi, auch wenn man uns Amateure nannte, für mich gab es nur den Sport.
Wie schwer war es für Maske, den unglaublichen Hype während seiner Profikarriere zu verkraften?
Mir war es immer wichtig, nicht nur Sportler zu formen, sondern Persönlichkeiten, die über den Sport als Menschen wachsen. Deswegen gab es bei ihm auch nie Skandale wie bei anderen.
Etwa Boris Becker...
Nee, das wäre nichts für uns gewesen. So waren wir nicht.
Der Tiefpunkt war sicher die Niederlage im Abschiedskampf gegen Virgil Hill 1996.
Das tat unbeschreiblich weh. Ich habe mir den Kampf noch oft angesehen, als Verlierer habe ich Henry nie gesehen. Der Kampf war schlecht, einer seiner schlechtesten, aber verloren hat er ihn nicht. Danach gab es sicher gegenseitige Schuldzuweisungen. Aber die schwache Leistung war der Grund, warum er zurückkam, das konnte er so nicht stehenlassen.
Nach elf Jahren Pause dann das Comeback. Dabei hatte Maske Sie anfangs gar nicht als Trainer vorgesehen.
Ich war ja damals beim Boxstall vom Wilfried Sauerland angestellt, der war gegen das Comeback und hat gesagt, Herr Wolke steht nicht zur Verfügung. Das war dumm. Maske hat andere Trainer ausprobiert. Als er zu mir zurückkam, war er ziemlich verzweifelt. Und im ersten Moment war ich auch etwas erschüttert über das, was ich sah. Aber mit jeder Trainingseinheit kam der alte Henry zurück. Da wusste ich: Er wird sich den krönenden Abschluss bescheren, den er verdient hat. Er hat ja in Deutschland einen Boxboom ausgelöst, wie ich ihn bis dahin noch nie und seitdem nie wieder gesehen habe.
- Themen:
- Boris Becker