Wo Fußball reine Familiensache ist

Die 1. Hauptrunde ist geschafft, die ersten Überraschungen auch: Juventus Urin und AC Collaraters sind rausgekegelt worden. Dafür behauptet sich neben so renommierten Teams wie Titelverteidiger 1. FC Fußballklub, Sparta Stahlbad und Atomic Allstars mit den Afghan Lions ein Team, das fast nur aus Familie besteht.
von  Abendzeitung
Spannender Kampf: Beim AZ-Freizeitkicker-Turnierspiel zwischen den Afghan Lions und der AZ Torfabrik wurde mit großem Einsatz gekämpft.
Spannender Kampf: Beim AZ-Freizeitkicker-Turnierspiel zwischen den Afghan Lions und der AZ Torfabrik wurde mit großem Einsatz gekämpft. © Mike Schmalz

MÜNCHEN - Die 1. Hauptrunde ist geschafft, die ersten Überraschungen auch: Juventus Urin und AC Collaraters sind rausgekegelt worden. Dafür behauptet sich neben so renommierten Teams wie Titelverteidiger 1. FC Fußballklub, Sparta Stahlbad und Atomic Allstars mit den Afghan Lions ein Team, das fast nur aus Familie besteht.

Das Oly lockt. Am 19. September stehen sich dort die beiden Finalisten des AZ-Freizeit-Turniers gegenüber. Für 64 Teams ist der Finaltraum bereits ausgeträumt – unter ihnen auch Favoriten wie Juventus Urin oder AC Cellaraters. Die Verlierer können sich vielleicht mit einem Preis beim Münzinger-Fotowettbewerb für Bolzplatzhelden trösten (Teilnahmebedingungen unter www.sport-muenzinger.de).

Zu den Gewinnern der 1. Hauptrunde gehört auch ein (fast) reines Familien-Team: die Afghan Lions 08. In unterschiedlichen Schreibweisen taucht der Name Nayebkhyll auf dem Spielberichtsbogen bei fast allen Spielern der Truppe auf. Wer nicht Bruder oder zumindest der Cousin von Teammanager Shaher (31) ist, muss einen starken Bezug zum Clan der Nayeb haben. So wie Haris. Eigentlich ein gebürtiger Bosnier. „Haris ist gefühlter Afghane“, sagt Shaher und lacht. Alle für einen, einer für alle – dank der Blutsbande ist der Zusammenhalt des Kaders größer als bei irgendeinem anderen Team des AZ-Freizeitkicker-Cups.

Manager Shaher, der in München bei Siemens als Performance Controller arbeitet, kam schon mit drei Jahren nach Deutschland. „An Afghanistan habe ich keine Erinnerung mehr“, erzählt der Diplom-Kaufmann. Doch seine Wurzeln spürt er stark. „Ich bin Afghane – auch mit deutschem Pass.“ Afghanistan bleibt ein Teil der Familie, kritisch bis hoffnungsvoll verfolgt man aus der Ferne die Entwicklung. Und die sieht Shaher positiv. „Seit dem 11.September 2001 und dem Sturz der Taliban geht es aufwärts in der alten Heimat“, findet er. In Kabul besitzt die Familie sogar noch ein Haus. „Mein Bruder war vor zwei Jahren dort zu Besuch und hat sich sehr wohl gefühlt.“

230 Gäste bei der Hochzeitsfeier

Doch die Gegenwart der Familie findet weit entfernt von der alten Heimat statt. „Auf der ganzen Welt hat unsere Familie etwa 500 Mitglieder. In Deutschland leben die meisten in Essen, Hamburg oder München.“ Dass Familienfeste zu Großveranstaltungen werden, ist da eher normal. „Bei meiner Hochzeit waren es 230 Leute in München.“ Noch ein Vorteil: Der enge Familienzusammenhalt macht Verabredungen zu Mannschaftsbesprechungen überflüssig. Die finden einfach auf den Familienfesten in und um den Ostpark statt. Die früheren Volleyballer kamen hier vor zwei Jahren auch auf die Idee, es einmal mit Fußball zu versuchen.

Shaher über Stärken und Schwächen des Teams: „Wir haben zwar vorne zwei Spieler mit Torgarantie, aber hinten Lücken. Deswegen versuche ich jetzt selber als Libero der Mannschaft mehr Stabilität zu verleihen.“ Nicht nur deswegen: Der 31-Jährige ist Herz und Hirn des Teams, vereint nicht weniger als sechs Funktionen in Personalunion: Präsident, Manager, Trainer, Spieler, Kapitän und Kassenwart. Er ist stolz auf seine Truppe, lobt Einsatz und Moral: „Und mit der tollen Unterstützung unserer vielen Fans machen die Spiele wahnsinnig viel Spaß.“

Sein Ziel: Die Afghan Lions 18 Jahre führen und dann den Stab an den Sohnemann übergeben. Der muss allerdings erst noch geboren werden. Im September ist es soweit, dann sind der Clan und die Afghan Lions um einen Hoffnungsträger reicher.

John Schneider

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