Wladimir Klitschko bleibt nach K.o.-Sieg Weltmeister

DÜSSELDORF - Erst durch einen K.o.-Schlag fünf Sekunden vor dem Ende sorgt der Weltmeister gegen einen überforderten Eddie Chambers noch für den versöhnlichen Ausgang eines zähen Box-Abends
Nach elf Runden hatte der erfolgreichste Box-Trainer der Welt genug. Emanuel Steward kanzelte seinen Schützling, Weltmeister Wladimir Klitschko, in der Ringecke wie einen Schulbuben ab. Klitschko dominierte den Kampf in der mit 51000 Fans ausverkauften Arena in Düsseldorf gegen Pflichtherausforderer Eddie Chambers (USA) zwar nach Belieben, doch sprang der Funke nie über.
Zu abgeklärt, zu routiniert wirkte Klitschko (33). „Ich musste wütend werden, um Wladimir wütend zu machen. Er fühlte sich so wohl damit, den Kampf nur mit seinem Jab zu dominieren, dass er nichts riskierte“, analysierte Steward später, „ich musste Wladimir aus seiner Komfortzone rausholen. Also bin ich ihn hart angegangen.“
Die harte Gangart zahlte sich aus. Klitschko ließ in der Schlussrunde die Eisenfäuste fliegen und schickte Chambers fünf Sekunden vor dem Ende mit einer Linken an die Schläfe schwer zu Boden. Mehrere Minuten hing Chambers, der nach dem Kampf zur Vorsorge ins Krankenhaus gebracht wurde, benommen in den Seilen. „Das war einer der großartigsten Niederschläge, die ich je gesehen habe“, meinte der nicht zu Untertreibungen neigende Steward.
Ende gut – aber eben nicht alles. Runde um Runde hatte Klitschko den Gegner mit seiner Linken dominiert. Chambers fand kein Gegenmittel und ergab sich in sein Schicksal. „Ich habe in der sechsten Runde gemerkt, dass sein Wille gebrochen ist, dass er nicht mehr an einen Sieg glaubt“, sagte Klitschko. Das erhoffte Spektakel blieb aus.
Klitschko, der nach einer Schulteroperation neun Monate nicht im Ring gestanden hatte, war nach dem Fight entsprechend selbstkritisch. Die Pfiffe der Fans, die es in der Pause der elften Runde gegeben hatte, waren ihm nicht entgangen. Klitschko: „Ganz am Ende schienen auch die Fans zufrieden. Die Leute hätten ohne den K.o. wohl gesagt: Ein überlegener Kampf, ein einseitiger Kampf, aber auch ein langweiliger Kampf. Das zog sich für die Zuschauer sicher wie Kaugummi.“
Wladimir, der Kaugummi-Champion. Auch die Experten sparten – obwohl Klitschko jede Runde für sich entschieden hatte – nicht mit Kritik. Box-Legende Henry Maske fand Klitschko „etwas hölzern, er fand nie die nötige Lockerheit“. Ex-Europameister Luan Krasniqi meinte sogar: „Wladimir riskiert nie irgendwas. Den hätte er früher weghauen müssen.“
Trainer Steward immerhin klang versöhnlicher: „Dieser K.o. hat für alles entschädigt. Ohne ihn hätte Wladimir sicher zu hören gekriegt, dass er ein Buchhalter sei, der seinen Punktvorsprung nur verwaltet.“
Diese Vorwürfe waren auf den Weltmeister der Verbände WBO, IBF UND IBO 2008 nach der Titelvereinigung in New York gegen Sultan Ibragimow eingeprasselt. Damals hatte er Ibragimow zwar zerlegt, war aber jedem Risiko aus dem Weg gegangen und nah dem klaren Punktsieg ausgebuht worden.
„Dieser Kampf jetzt war fast wie ein Déjà-vu. Aber ich habe das Ende umschreiben können“, sagte Klitschko. So konnte er seiner neuen Freundin, der Hollywood-Schauspielerin Hayden Panettiere, die erstmals am Ring dabei war, doch noch ein Happyend präsentieren. Ein ganz spätes.