»Wir verlieren einen guten Gerüstbauer«
Er ist amtierender Meister der Formel GP2 und startet 2008 für das Formel-1-Team von Toyota. Vater Glock hat Sohn Timo selbst ausgebildet – und für ihn 79000 Euro bei Kollegen gesammelt.
AZ: Herr Glock, als einziger Formel-1-Fahrer wohnt Ihr Sohn Timo noch in Deutschland. Verdient er bei Toyota so gut, dass er es nicht nötig hat, in den Steuerparadiesen Schweiz oder Monaco zu leben?
KARL GLOCK:Er verdient eher zu wenig, als dass sich das lohnen würde. Nein, im Ernst: Es geht Timo nicht ums Geld. Er hat andere Prioritäten. Momentan hat er sogar drei Wohnungen in Deutschland. Eine in Köln, in der Nähe seines Teams. Eine in Dinslaken, wo sein Management sitzt. Und dann hat er bei uns im Haus noch eine eigene Wohnung.
Wie oft ist er denn bei Ihnen zu Hause in Wersau?
Er versucht, zwei, drei Tage pro Woche nach Hause zu kommen. Er braucht seine Familie um sich. Selbst in den zwei Jahren, in denen er in den USA Champ-Car fuhr, ist er jedes Jahr 14 bis 15 Mal zu uns nach Hause geflogen.
Um bei Ihnen in der Firma nach dem Rechten zu schauen?
Timo hat damals bei mir das Gerüstbauer-Handwerk gelernt, er hat den selben Beruf wie der Vater. Das ist richtig. Aber ich glaube nicht mehr daran, dass er die Firma irgendwann mal übernehmen wird.
Bedauern Sie das?
Überhaupt nicht. Ich liebe meinen Beruf, aber Timo hat jetzt einen viel schöneren. Er darf Rennen fahren, damit erfüllt er jetzt auch den Traum des Vaters.
Ihr Sohn kokettiert gerne damit, dass es ihm nichts ausgemacht hätte, als Gerüstbauer zu arbeiten, wenn es doch nicht mehr geklappt hätte mit der Rennfahrer-Karriere in der Formel 1...
Er meint das genau so. Timo war Jahrgangsbester in unserer Kammer. Wir verlieren einen sehr guten Gerüstbauer. Aber wir wollten das ja nicht anders. Meine Frau und ich haben Timo neun Jahre lang fast jedes Wochenende zu den Kart- und Formel-3-Rennen gefahren.
Obwohl Sie eine Firma leiten mussten?
Und obwohl Timo mitten in der Ausbildung steckte. Wir haben in dieser Zeit gelernt, wie groß Deutschland ist. Einmal sind wir erst um vier Uhr Nachts nach Hause gekommen. Zwei Stunden später musste ich Timo schon wieder wecken, weil wir in die Firma mussten. Ein Lehrling darf ja nie zu spät kommen.
Später kam Ihr Sohn in die Speed-Academy der Post, war sozusagen der schnellste Postbote Deutschlands.
Ja, aber das war erst sehr viel später. Bis zur Formel 3 haben alles wir bezahlt. Um die 79000 Mark Einschreibgebühren für die Formel ADAC zu bezahlen, habe ich bei uns im Odenwald meine Handwerker-Kollegen um Geld bitten müssen.
Seine ersten Sponsoren waren also hessische Handwerker?
Heute sind sie seine ältesten Fans. Ich organisiere jedes Jahr ein paar Reisen für sie zu Timos Rennen. Und heute bezahlt das Timo.
Interview: Filippo Cataldo