„Wir sind einfach vom Typ her so unterschiedlich!“
Maria und Susanne Riesch sprechen über den Slalom-Auftakt in Levi, Olympia-Lust und -Frust in Vancouver und die WM 2011 – und verraten, was sie gerne von einander abschauen würden.
In Levi steht am Samstag der erste Slalom der Saison an. Welchen Stellenwert hat das Rennen für Sie beide?
MARIA RIESCH: Levi hat für mich einen hohen Stellenwert, dort ist es eigentlich immer ganz gut gelaufen. Ich hab' da auch meinen ersten Slalom überhaupt gewinnen können. Da freut man sich immer, wenn man an so einen Ort zurückkehrt. Außerdem ist es der Slalom-Auftakt, und es ist immer wichtig, wie man in dem ersten Rennen in der Disziplin abschneidet
SUSANNE RIESCH: Bei mir ist es ähnlich wie bei Maria, zumal der Slalom meine Disziplin ist. Ich habe in Levi auch schon gute Resultate eingefahren, war im letzten Jahr Vierte. Es wäre schön, wenn ich heuer aufs Stockerl kommen würde.
Und wo landet Ihre Schwester?
SUSANNE: Hoffentlich hinter mir.
MARIA: Direkt hinter mir.
Wie geht man als Schwestern mit der Konkurrenz-Situation im Sport um?
SUSANNE: Man ist zwar Einzelsportler im Rennen, und wenn es los geht, will die eine schneller sein als die andere. Aber wir schauen uns vorher zusammen den Lauf an und geben uns Tipps.
MARIA: Ja, für uns ist das eigentlich kein Problem, am schönsten ist es natürlich, dass es so läuft wie in Åre, wenn wir beide auf dem Stockerl stehen. An solchen Tagen wie bei Olympia, wo es für den einen extrem positiv und den anderen extrem negativ läuft, ist es dagegen nicht so einfach; vor allem für den, für den es negativ gelaufen ist.
Ihre Schwester Maria hat gerade den Moment von Vancouver angesprochen. Sie selbst wurde Olympiasiegerin, Sie schieden mit einer Medaille vor den Augen aus.
SUSANNE: Viele haben mich gefragt, wie man damit umgeht. Aber es hilft nichts, lange darüber nachzudenken oder das Grübeln zu beginnen. Das ist über ein halbes Jahr her. Das war bitter, aber man muss einfach nach vorne schauen. In diesem Jahr kann ich eine Heim-WM fahren, diese Möglichkeit haben nur ganz wenige. Diese Chance will man nutzen.
MARIA: Die Momente danach waren auch für mich sehr schwierig. Ich habe mich natürlich Freude, es war der größte Moment in meinem sportlichen Leben und dann komm ich ins Zielzelt und sehe meine Schwester wie ein Häufchen Elend. Das war ein total zwiespältiges Gefühl, da will man sich nicht richtig für sich Freude. Trauer und Schmerz von der anderen überwiegen. Es waren harte Momente, für sie wahrscheinlich noch viel härter.
Damals wurden wieder viele Vergleiche zwischen Ihnen angestellt, wie stehen Sie beide eigentlich zu den Schwester-Vergleichen?
MARIA: Ich hab es im letzten Jahr nicht mehr als so schlimm empfunden. Suse hat sich durch die Erfolge schon ein bisschen eine eigene Position geschaffen. Dass wir ab und zu im Schwestern-Paket dar- und vorgestellt werden, ist ganz normal. Aber wie es am Anfang war, im Schatten der großen Schwester, was für sie schwer war, ist es nicht mehr. Sie hat sich da gut raus entwickelt.
SUSANNE: Ich mochte das mit dem Schatten der Schwester auch nicht mehr hören. Das ist einfach nicht mehr so. Ich bin letztes Jahr öfter schneller gewesen als sie und hab mich da auch ein bisschen befreit. Jetzt schaue ich einfach, dass ich im Slalom noch einen drauf setze und dann kommen solche Fragen zu Vergleichen vielleicht nicht mehr. Wir sind einfach vom Typ her so unterschiedlich.
Gibt es denn skifahrerisch etwas, was die eine Schwester von der anderen gern hätte?
SUSANNE: Wir haben ähnliche Stile, Maria schafft es nur noch ein bisschen ruhiger vom Oberkörper zu sein. Da hat man mehr Spannung und kann nur unten raus fahren, bei mir ist das manchmal noch etwas Harakiri, die Arme hinten oder so. Und ich hätte gerne die mentale Stärke, die sie hat: Als Topfavoritin beim olympischen Slalom in Vancouver Gold zu gewinnen, das schaffen nur wenige. Das ist echt stark, dem Druck stand zu halten.
MARIA: Die Susi fährt einen unheimlich schnellen Slalomschwung, auch deshalb ist sie ja in Richtung Spezialistin gegangen. Sie kann, wenn sie gut drauf ist, einen kurzen schnellen Radius fahren. Das hätte ich gerne von ihr. Das kompromisslose aufs Tor drauf.
Maria hat schon viele Rennen gewonnen, wann ist es bei Ihnen mit dem ersten Sieg soweit?
SUSANNE: Am besten, man plant es nicht, dann passiert es von ganz alleine. Das muss von alleine kommen, man darf sich nicht auf zu große Ziele versteifen – wie bei Olympia. Beim Felix in Kitzbühel oder bei der Vicky bei Olympia ist es einfach passiert.
Vielleicht gelingt es ja auch bei der Weltmeisterschaft in Garmisch-Partenkirchen im kommenden Jahr...
SUSANNE: Im Hinterkopf ist die WM natürlich, man hört es überall, es wird viel von der Heim-WM gesprochen. Die Zeit bis dahin wird so schnell vergehen, das kommt alles Schlag auf Schlag. Man darf sich aber nicht darauf verkopfen, denn man kann es eh nicht planen, dass man ab dem 7. Februar seine Bestleistung abliefern kann. Erst mal schaue ich auf den Weltcup, in dem ich mir mit guten Platzierungen Selbstvertrauen holen will.
MARIA: Für eine gute WM braucht man eine gute Weltcup-Saison. Mein Wunsch wäre, dass im Weltcup alles gut läuft und zur Weltmeisterschaft alles passt. Es ist gut, dass das Interesse schon so groß ist. Wir fiebern der WM ja schon seit Jahren entgegen. Und mit den Erfolgen der vergangenen Jahre gibt es einen großen Hype da drum. Wir genießen das, und das motiviert uns, wir wollen uns bei der WM und vorher im Weltcup gut präsentierten.
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