"Wir sind Bayern – und ihr nicht!"
»Ein echter Münchner ist 1860-Fan«, sagt Löwe Daniel Bierofka. Und viele Sechzig-Spieler sind gebürtige Bayern. Nicht weniger als 16 Mann aus dem aktuellen Löwen-Kader stammen aus dem Freistaat – so viele wie seit den Bayernliga-Zeiten nicht mehr.
MÜNCHEN Was macht einen Bayern aus? Die Herkunft, klar. Auch die Sprache. Aber auch dieser gepflegte bayerische Grant, der anderswo in Deutschland oft mit Jammern verwechselt wird.
Wer verstehen will, wie Granteln funktioniert, der „sollte sich einfach mal unsere Fans ansehen“, sagt Karsten Wettberg, der Vizepräsident des TSV 1860, „die beherrschen das perfekt. Sie kritisieren und schimpfen viel, aber würden nie den Verein wechseln, nur, weil es mal schlecht läuft.“ Weil sie eben echte Bayern seien, die Fans des Löwen, und damit „ideale Werbebotschafter für Bayern“.
16 Kaderspieler aus Bayern
Genauso wie das seit einiger Zeit auch wieder die Löwen-Mannschaft ist. Nicht weniger als 16 Spieler aus dem aktuellen Löwen-Kader stammen aus dem Freistaat – so viele seit den Bayernliga-Zeiten in den Achtziger Jahren nicht mehr, als regelmäßig zehntausend Fans eine Mannschaft mit elf bayerischen Spielern nach Vilshofen oder Plattling begleitete.
Beim Pokal-Derby gegen die Bayern (Mittwoch, 20.30 Uhr, ZDF live) werden mit Michael Hofmann (Bayreuth) im Tor, den Verteidigern Lars Bender (Brannenburg) und Fabian Johnson (München) sowie Sven Bender (Brannenburg), Timo Gebhart (Memmingen), Daniel Bierofka (München) und José Holebas (Aschaffenburg) im Mittelfeld wahrscheinlich sieben Bayern in der Startelf stehen.
"Wir schaffen eine hohe Identifikation"
Sicher, der Trend zur Regionalisierung ist auch im Sparzwang bei 1860 begründet, doch dahinter steckt auch ein durchdachtes Konzept. Meint 1860-Geschäftsführer Stefan Ziffzer: „Wir haben viele bayerische Originale im Kader. Wir schaffen so eine hohe Identifikation“, sagt er, „bei uns zählen regionale Werte mehr als bei den anderen. Wir haben eine Mannschaft zum Anfassen.“
Hilfreich sei dabei, „dass viele Spieler die Fans verstehen und sich mit ihnen auch auf Bayerisch unterhalten können“, meint Wettberg. Bei 1860 ist das kein Problem: Fabian Johnson, Benjamin Schwarz und Berkant Göktan sprechen Hochdeutsch mit starker Münchner Färbung, Daniel Bierofka kann seine Herkunft ohnehin kaum verbergen. „Daniel ist ein waschechter und bekennender Münchner“, sagt Ziffzer über den Flügelstürmer. „Daniel ist für 1860 heute so wichtig, wie es Franz Beckenbauer oder Katsche Schwarzenbeck früher für die Bayern waren“, findet Wettberg gar und erklärt: „Daniels Opa war schon Sechzger, sein Vater hat schon bei den Löwen gespielt. Keiner identifiziert sich so sehr mit diesem Verein und seiner Stadt.“
"Bayern hat das Geld, wir sind der Arbeiterklub"
Kein Wunder, dass Bierofka in seiner Funktion als 1860-Werbeträger nun im „kicker“ sagt: „Erst mal ist ein echter Münchner Sechzger-Fan.“ Weil der Verein eben so münchnerisch und bayerisch sei. „Wir sind Bayern – nicht die anderen“, meint Wettberg. „Der FC Bayern kann kein bayerischer Klub mehr sein“, erklärt er, „die Bayern haben andere Ziele. Da geht es nicht mehr um regionale Identität.“ Und Bierofka meint: „Bayern hat das Geld, wir sind der Arbeiterklub. Sie sind die Künstler, wir die Malocher.“
Und genau darum würde München morgen den Löwen die Daumen drücken, glaubt Löwen-Verteidiger Gregg Berhalter. „Die Stadt ist blau“, sagt der Amerikaner, „wir haben mehr Fans in München, Bayern dafür in Deutschland.“ Aber Deutschland, das war Bayern ja noch nie so richtig.
Filippo Cataldo, Oliver Griss