Wintersport-Kolumne von Eric Frenzel: Eine kritische Tochter

Es klopft. Ich öffne die Tür einen Spalt, und unsere Jüngste flutscht mir durch die Beine. Während ich meine Frau begrüße, hat sich Emma hinter mir schon mit verschränkten Armen aufgebaut. "Das war aber kein guter Sprung!", sagt sie. Als ich zu Erklärungsversuchen ansetzen will, werden diese als untauglich abgewiesen. "Das muss etwas besser werden!" - so war es , das Weltcup-Opening in Kuusamo 2021 mit meiner Tochter, die härter analysiert als mir lieb ist.
In Corona-Zeiten eine deutsche Enklave mitten im Wald
Während man sich in Finnland bei den ersten Weltcupspringen mit den unberechenbaren Winden auseinandersetzen muss, habe ich diesmal vorrangig damit zu tun, meiner Tochter Besserung zu geloben. Davon besänftigt, nahm sie unser Chalet in Augenschein, in dem alle Athleten des Teams wohnten.
Neben einem Hotel gibt es eben diese wundervollen, kleinen Holz-Chalets mitten im Wald, von denen das deutsche Team drei bewohnte. Im ersten Chalet wohnen die Athleten, im zweiten die Trainer mit dem Staff, und im dritten steht der Teamkoch, der uns trotz weniger Kalorien pro Mahlzeit immer wieder kulinarisch verwöhnt. Wir bilden also mitten im Wald und in Corona-Zeiten eine deutsche Enklave mit möglichst wenig Außenkontakten.
"Geht doch!"
Meine Kinder Emma, Leopold und meine Frau Laura bildeten eine Ausnahme. Während Emma mit meinen Mannschaftskameraden über deren Leistungen diskutierte, klärten Laura und ich einige, kleine organisatorische Dinge im Hinblick auf unsern ältesten Sohn, der aufgrund seiner Schulpflicht in Deutschland bleiben musste.
"So, wir gehen jetzt wieder", trompetete Emma und grinst schelmisch, als sie erklärte, dass sie morgen wiederkomme. Offensichtlich habe ich mir ihre Ansprache zu Herzen genommen, am nächsten Tag erkämpfte ich Platz zwei, den Emma lakonisch kommentierte: "Geht doch!"