Winter-Abenteuer bei den Öko-Bergbauern
St.Walburg - Ferienregion für Naturliebhaber: Im Ultental bei Meran pflegen die Einheimischen den familiär-romantischen Südtirol-Charme und die Gasthöfe perfektionieren die Kreislaufwirtschaft
Waltraud Schwienbacher kann nicht anders. Die Bäuerin vom Wegleit-Hof lächelt. Ununterbrochen. Nicht nur weil sie in der Vortragsstube ihres Hofes Touristen vor sich hat. Sondern weil sie von einer Sache berichtet, die sie von ganzem Herzen erfüllt: „Lebenswertes Ultental“. So heißt das ökologische Vorzeige-Projekt, dem sie vorsteht. Dabei lernen etwa die Bergbauern, die auch alle Waldbesitzer sind, wie sich sinnvoll jeder Baum komplett verwerten lässt, nachdem sie allein mit dem Stammholz kaum noch Geld verdienen können.
Und das kommt auch den Gästen im Ultental zugute: So werden 85 Prozent der Höfe und Hotels mit Energie aus einem eigenen Hackschnitzel-Kraftwerk versorgt. Und zahlreiche Häuser heizen selber mit diesen Abfällen aus der Holzwirtschaft. Inzwischen bieten fast alle Hotels im Wellnessbereich auch Rinden, Nadel- und Kräuterbäder an – natürlich aus dem heimischen Wiesen und Wäldern.
Die gleiche Naturverbundenheit wie bei der Schwienbacher Traudl findet sich auch in zahlreichen anderen Betrieben. Acht Dörfer bilden die Ferienregion Ultental-Deutschnonsberg. Sie schmiegen sich mit ihren Höfen und Kirchlein malerisch an die Hänge des Laugen, einem schon vom Meraner Becken her sichtbaren Berges. Die Hauptgemeinden sind St.Pankraz, St. Walburg und St. Nikolaus. Wer hier – etwa dreieinhalb Stunden von München entfernt – hinkommt, der macht Urlaub bei den Öko-Bergbauern. Die touristische Struktur hier hat sich einen romantisch-familiären Charme bewahrt. Der lässt sich besonders gut – ob mit oder ohne Schneeschuhe - entdecken auf einem der vielen Winterwanderwege. Besonders eindrucksvoll ist der „Ultener Höfe-Weg“. In zweieinhalb Stunden kommt man auf dem sonnigen Weg durch die Winterlandschaft immer wieder an den faszinierenden dunkelbraunen Doppelhöfen vorbei.
Auch die Preise sind hier richtig familiär
Aber auch die Skifahrer und Snowboarder kommen hier auf ihre Kosten. Das Skigebiet „Schwemmalm“ (1500 – 2625 Meter Höhe) ist nicht besonders groß, dafür aber so richtig familiär – wie übrigens auch die Preise. Da sitzt man dann – ob Wanderer oder Skifahrer - zum Einkehrschwung auf der Terrasse oder in urigen Stuben in einem der originalen Berghöfe. Zum Beispiel im Gasthaus St. Moritz, ein sonnengegerbter Hof aus dem 13. Jahrhundert, direkt bei der gleichnamigen Wallfahrtskapelle. Ein Glasl Wein gibt es hier für gerade mal 1,20 Euro und eine gewaltige Portion Bratkartoffeln mit Südtiroler Speck und Spiegeleiern für sieben Euro.
Auch das Skifahren ist so günstig, dass man es eigentlich kaum glaubt. Ein Tagespass für Erwachsene kostet 26 Euro, Kinder bis Geburtsjahr 1995 zahlen 18,50 Euro. Dafür stehen 18 Kilometer bestens präparierte und beschneite Pisten zur Verfügung. Da die Förderleistung der Lifte rund 5000 Personen beträgt, im Tal aber nur 1500 Gästebetten verfügbar sind, ist der freie Zugang den Liften und der Lebensraum auf den Pisten im Vergleich zu vielen Massen-Skigebeiten hier geradezu luxuriös. Besonders die seit einem Jahr neu erschlossenen Pisten unter dem Mutegg führen über sonnige und baumfreie Hänge. Die längste Abfahrt ist mit einem Höhenunterscheid von 1100 Metern fünf Kilometer lang und gehört damit zu den größten in Südtirol.
Auf 2500 Meter Höhe gibt es einen Stausee, der die Beschneiungsanlagen speist. Im Frühjahr und Sommer wird das Schmelzwasser über einen Bachlauf und eine Pumpe vollständig zurückgeführt – Kreislaufwirtschaft eben. Das Unglück der Ultener, dass die italienische Regierung in den 70er und 80er Jahren mehrere Stauseen in ihrem Tal anlegte, ist heute der größte Wert des Tals. Denn während zahlreiche Feriengebiete zu dieser Zeit den touristischen Ausbau übertrieben, hat das Tal der Bergbauern sich seinen Südtiroler Charme komplett erhalten.
Im "Weiberhimml" heilt ein ganz spezieller Schnaps verletzte Seelen
Seinen Namen verdankt das Skigebiet der weitläufigen Vieh-Alm, im Sommer Heimat von 80 Rindern und 20 Melkkühen. Almbauer und Wirt der auch im Winter geöffneten „Schwemmalm“ ist Norbert Zöschg. Im Sommer verarbeitet er täglich 250 Liter Milch zu Almkäse. Der ist so gut, dass der gelernte Kaser damit bei der Almkäse-Olympiade in den Jahren 2008 und 2009 Silber und Bronze- Medaillen gewann. Von seinen Künsten profitieren auch die Gäste im Winter - zum Beispiel mit „G‘müse mit Almkäse überbacken“ (8,80€) oder beim „Almkäse-Brettl“ (9,50€). Auch sonst sind die meisten Speisen auf der Karte aus heimischer Produktion, zum Beispiel der Heidelbeer-Strudel, die Spinat-Knödl, das Steinpilz-Schnitzel oder das Bauern-Gselchtes. Wie auch die Hotels im Ort lebt der Bergbauer Ökologie pur: Ob Geräuchertes oder Schnitzel - das Schweinefleisch kommt von den eigenen Schweinen, die er mit den Abfällen aus der Gastwirtschaft füttert und der Strom aus dem Holzschnitzelkraftwerk im Tal.
Ein Kraftwerk ganz eigener Art ist der Ultener „Himmldatta“, Chef des Waldrestaurants „Weiberhimml“ – und längst ein Ultener Original. Der gelernte Maurer hat sich einen Traum verwirklicht und vor acht Jahren eine alte Hütte gekauft, gleich neben dem Sessellift, der bis vergangenes Jahr noch der Einstieg ins Skigebiet war. „Ich wollte einen Ort schaffen, an dem die Menschen Spaß haben, trinken und tanzen“, so der Himmelsvater Reinhard Tumpfer. Und er glaubt an eine ganz spezielle Mission: Unglückliche Frauenherzen zu retten – daher der Name seines Lokals. „Grad gestern“, erzählt er, „habe ich ein Pärchen beisammen gehalten, das gestritten hat. Die wollten eigentlich heimfahren. Die haben ich dann mit Zuhören und ein paar Kräuter-Schnaps gerettet. Der Schaps ist ein 52–prozentiger aber dennoch milder Blutwurzbrand aus der Ultener Brennerei, der vor dem Servieren angezündet wird. „Die Weiberleut`san ja heut‘ alle zu hart“, so die Erfahrung des Himmldatta. „Aber von unserem Weiberhimml-Schnapsl geht ihnen die Seele auf. Und davon profitieren anschließend auch die Männer.“
Weitere Infos:
Tourismusbüro Ultental Tel. +39 0473 795387 info@ultental.it Tourismusbüro Deutschnonsberg Tel. +39 0463 530088 info@deutschnonsberg.it Entfernung München-Ultental 350 Kilometer Kosten Hin- und Rückfahrt: - 10-Tagesvignette: 7 Euro - Brenner-Maut 16 Euro - Italienische Autobahngebühr 10 Euro. Die Abendzeitung reiste auf Einladung der Tourismusvereinigung sowie der Bergbahnen Ultental
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