Williams in der Existenzkrise

Dem Formel-1-Team von Nico Rosberg droht die Insolvenz. Nur noch 16500 Euro auf dem Konto, aber 27 Millionen Euro Verlust in der Bilanz
von  Abendzeitung
Mitte nächsten Jahres will erenrtscheiden, ob er seine Zukunft noch bei Williams sieht: Nico Rosberg
Mitte nächsten Jahres will erenrtscheiden, ob er seine Zukunft noch bei Williams sieht: Nico Rosberg © AP

SHANGHAI - Dem Formel-1-Team von Nico Rosberg droht die Insolvenz. Nur noch 16500 Euro auf dem Konto, aber 27 Millionen Euro Verlust in der Bilanz

Nico Rosbergs Gesicht hat in den letzten Tagen eine noch gesündere Bräune angenommen, das Blondhaar ist noch etwas heller geworden. Am Montag, nach dem Rennen in Fuji, ist er mit seiner Freundin Vivian nach Bali geflogen, ein kurzer Entspannungs- und Liebesurlaub vor dem WM-Finale.

Nun sitzt er vor dem Williams-Teampavillon an der Rennstrecke von Shanghai und plaudert locker über seine Saison. Über eine Saison, die „schon ziemlich enttäuschend verlaufen ist", wie er zugibt. Zwei Podestplätzen in Australien und zuletzt in Singapur stehen ziemlich viele Nullnummern entgegen. Gesamt-16. ist Rosberg nur. Und das liegt vor allem an seinem Auto. Sein Williams gilt als bockig zu fahrende und misslungene Kiste, sein Team, das in der Vergangenheit neun Konstrukteurstitel gewonnen hat, längst nicht mehr als Ort, an dem man eine erfolgreiche Formel-1-Karriere starten kann. Seit der Trennung von BMW vor drei Jahren ging es mit dem Rennstall, der heuer sein 30-jähriges Bestehen feiert, stetig bergab. Seit Rosberg Formel 1 fährt, ist Williams nicht mehr konkurrenzfähig.

Doch es könnte noch schlimmer kommen für Williams und Rosberg: Laut des kürzlich veröffentlichten Geschäftsberichts für 2007 steht der Traditionsrennstall kurz vor der Pleite. 27,2 Millionen Euro Verlust hat die Truppe um Teamgründer Frank Williams 2007 eingefahren. Noch mal 8,1 Millionen Euro mehr als 2006. Einnahmen von 85,3 Millionen Euro stehen Ausgaben von 112,5 Millionen Euro gegenüber. Zwei Millionen Euro im Jahr muss der Rennstall aufbringen, um seine Kreditgeber zu bedienen. Das sind erschreckende Zahlen, doch erst die Ereignisse der letzten Zeit haben die Situation für den letzten unabhängigen, also weder durch ein Automobilwerk noch von einem Milliardär finanzierten Rennstall existenzgefährdend gemacht. Nur noch 16 500 Euro sollen sich laut „Financial Times" Ende 2007 auf dem Bankkonto des Teams befunden haben. Rosberg verdient in einer Woche mehr.

Frank Williams und Team-Teilhaber Patrick Head sollen sich ihr Gehalt bereits selbst um je eine Million Euro gekürzt haben. 14 Mitarbeiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung wurden gefeuert.Williams müsste neue Kredite aufnehmen, um laufende Kosten decken und die Kreditlinien bedienen zu können. Der Rennstall dementiert - natürlich - dass man kurz vor der Insolvenz stehe, doch ernst, das sei die Lage durchaus.

Und das hat auch Rosberg mitbekommen. „Ich kann dazu nur sagen, dass bei uns dieses Jahr keine Windkanäle für ein paar Stunden abgestellt wurden, um Geld zu sparen", sagt er mit ziemlich versteinerter Miene. Mehr möchte er nicht preisgeben zu seiner Situation. Von der entspannten Atmosphäre von eben ist nicht mehr viel übrig. Er weiß, dass die Lage ernst ist. Zwar hat Williams ihn vor zwei Wochen auch für die nächste Saison bestätigt, doch was ist, wenn bei Williams bald die Lichter ausgehen?

Zum ersten Mal seit langem ist Team-Eigner Frank Williams gar nicht mit an die Rennstrecke gereist. Statt in Shanghai zu sein, sitzt er, so die offizielle Sprechweise, daheim in London, um die Entwicklung der Finanzkrise besser im Auge behalten zu können. Zuversicht strahlt so etwas nicht aus.

F. Cataldo

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