Werth: Dopingprozess am 40. Geburtstag
LAUSANNE - Tribunal des Reiter-Weltverbandes tagt über die Olympiaisiegerin, deren Pferd Whisper positiv getestet wurde.Rechtsanwältin Werth: "Ich hoffe auf ein faires Verfahren."
Isabell Werth steht ausgerechnet an ihrem 40. Geburtstag vor der bisher größten Herausforderung ihres Sportler-Lebens. Die fünfmalige Dressur-Olympiasiegerin muss sich am Dienstag in einer mehrstündigen Anhörung vor dem Tribunal des Reiter-Weltverbandes FEI in Lausanne für den positiven Doping-Befund bei ihrem Pferd Whisper verantworten und gegen das drohende Etikett der Doping-Sünderin kämpfen.
Seit dem Dopingbefund ist Werth abgetaucht
„Ich hoffe auf ein faires Verfahren und bin mir sicher, dass ich es bekommen werde“, sagte die Dressur-Königin vom Niederrhein, ließ sich aber sonst keine weiteren Aussagen entlocken. Nach Bekanntwerden des Falls Ende Juni hatte die 39-Jährige noch einige Interviews gegeben, ehe sie auf Tauchstation ging. Man wolle kein weiteres Öl ins Feuer kippen, hieß es aus ihrem Beraterkreis. Normalerweise muss Werth mit einer harten Strafe rechnen. Das im Körper ihres zehn Jahre alte Wallachs Whisper während des Pfingstturniers in Wiesbaden am 30. Mai gefundene Psychopharmakon Fluphenazin steht auf der Doping-Liste und lässt keine Einstufung als Medikation zu.
Werhs Verteidigungsstrategie: Der Tierarzt ist schuld
Eine Strafe von bis zu zwei Jahren ist möglich, doch das frühe Einlenken Werths, der Verzicht auf die Öffnung der B-Probe sowie die unverhoffte Rückendeckung von FEI-Präsidentin Prinzessin Haya deuten darauf hin, dass das Strafmaß auch deutlich unter einem Jahr bleiben könnte. Haya hatte am Rande des CHIO in Aachen ausgeschlossen, dass Werth eine Betrügerin sei, und stattdessen ihrem Tierarzt Hans Stihl die Verantwortung gegeben. Der Veterinär habe Werth falsch beraten, sagte die Präsidentin und lehnte sich damit weit aus dem Fenster. In der Tat sieht es so aus, als wolle Werth bei ihrer Verteidigungsstrategie die Verantwortung dem Tierarzt zukommen lassen. Dieser habe ihr erklärt, so Werth, dass das Beruhigungsmittel Fluphenazin innerhalb von sechs Tagen im Körper des Tieres abgebaut sei. Nach neuen Erkenntnissen aus den USA dauert der Abbau jedoch bis zu 90 Tage. „Ein kapitaler Fehler. Die Information war verfügbar, wenn auch schwer zu finden“, sagte Werths Anwalt Ulf Walz. Die Reiterin hatte sich kurz darauf von Stihl getrennt.
Olympia 2012 dürfte für Werth gelaufen sein
Wahrscheinlich muss Werth auch auf die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London verzichten. Bei einer Dopingstrafe von sechs Monaten gilt man nach Regeln des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) als gesperrt und darf bei den nächsten Spielen nicht starten. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) behält sich Einzelfallentscheidungen vor. Eine bittere Pille für Werth, die mit fünf Goldmedaillen zu den herausragenden Persönlichkeiten Olympias gehört. Pikant ist der Fall auch mit Blick auf das angespannte Verhältnis zwischen nationalem Verband FN und Weltverband FEI, stellten die wohlwollenden Äußerungen von Prinzessin Haya doch gleichzeitig eine Brüskierung der FN dar. In Warendorf vertritt man seit Monaten eine „harte Kante“ gegen Doping-Sünder und trat deshalb auch Werth gegenüber auffallend neutral auf. Die Reiterin kritisierte die fehlende Unterstützung des Verbandes und dürfte sich über die Äußerungen Hayas umso mehr gefreut haben.