Wenn ein Berg vom Herzen fällt...

HAGEN In der Umkleide wurde Je’Kel Foster von einem Gefühl übermannt, das er so gar nicht mehr kannte: Die Basketballer des FC Bayern hatten gerade eben mit 82:72 gegen Hagen gewonnen – auswärts. Nach eine Serie von neun Niederlagen in der Fremde. „Das fühlt sich so gut an“, sagte Foster.
„Die Erleichterung war bei allen Spielern extrem zu spürbar“, sagt Trainer Dirk Bauermann: „In der Umkleide war der Teufel los und die Stimmung danach im Bus war super.“ Vizepräsident Bernd Rauch hat die Mannschaft am Samstagabend nach Hagen begleitet. „Die Spieler waren so glücklich und erleichtert“, sagt Rauch. „Wir sind heilfroh. Das war ein ganz, ganz, ganz wichtiger Sieg.“
Mit einer Niederlage wären die Bayern aus den Playoff-Rängen gerutscht, an die psychischen Folgen für die – ausschließlich auswärts – völlig verunsicherten Spieler gar nicht zu denken. „Das ganze Thema wäre noch viel verrückter geworden, als es eh schon war“, sagt Rauch. Aber in Hagen lief alles anders als bisher gewohnt. „Wir hatten so die Schnauze voll, als Verlierer in den Bus zu steigen“, sagt Bauermann.
Die unorganisierten und unkonventionellen Hagener machten es seiner Mannschaft allerdings alles andere als leicht. „Sie haben mit unglaublichem kämpferischen Einsatz gespielt“, sagt Rauch. Fünf Hagener Spieler mussten das Parkett mit fünf Fouls verlassen, „sobald wir in Korbnähe waren, ist der Hammer gefallen“, sagt Bauermann. Die Hagener Ischelandhalle war mit 3209 Zuschauern komplett ausverkauft. Wie immer, wenn die Bayern irgendwo zu Gast sind, schrien die Fans diesmal besonders laut. „Die haben uns die Hölle heiß gemacht“, sagt Rauch, „da herrschte Volksfeststimmung.“
Beste Voraussetzungen also, um verunsicherte Spieler noch verunsicherter und die Knie noch wackliger zu machen – vor allem an der Freiwurflinie, wenn man alleine mit Lärm und Gedanken vor dem Korb steht. Alleine Chevon Troutman und Jonathan Wallace mussten zusammen neunzehn Mal an die Linie. Und blieben eiskalt: Insgesamt trafen sie sechzehn der Würfe. „Das war sensationell“, sagt Rauch. „sie haben uns das gute Gefühl gegeben, mit dem wir das Spiel gewinnen konnten.“ Troutman erzielte 19 Punkte und holte 8 Rebounds, Wallace 14 Punkte.
Acht, drei und einen Punkt hatte Troutman in den drei jüngsten Auswärtsspielen erzielt. „Am Samstag hat er sich hervorgetan und Nervenstärke bewiesen“, sagt Bauermann. Und Wallace „hat ganz hervorragend mit Steffen Hamann auf der Aufbauposition die Fäden gezogen“ – was an diesem Abend ob der bissigen Gegenspieler durchaus keine Selbstverständlichkeit war.
Drei Viertel lang hielten die Hagener ihre aggressive Spielweise aufrecht. Im vierten Abschnitt hatten sie den Bayern nichts mehr entgegenzusetzen. „Da hat sich unsere individuelle Qualität dann ausgezahlt“, sagt Rauch: „Am Schluss haben wir sehr überzeugend gespielt. Die Mannschaft war sehr stabil.“
Spätestens als Robin Benzing vier Minuten vor Schluss mit einem Dreier zum 71:60 traf, war klar: Die Bayern holen den zweiten Auswärtssieg dieser Saison. Und Basketball-Boss Bernd Rauch, der die Spiele seines Teams jedes Mal höchst emotional begleitet, konnte sich den Rest der Partie tatsächlich entspannt zurücklehnen.
„Uns ist ein mittlerer Berg vom Herzen gefallen“, sagt Dirk Bauermann. „Der Schneeball ist so groß geworden, dass er uns fast erdrückt hätte. Aber jetzt ist die Niederlagenserie kein Thema mehr.“
Jetzt ist der FC Bayern wieder voll im Rennen um eine möglichst gute Ausgangsposition in den Playoffs.