Wenn das Gold nicht glänzt...
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sechs Wochen nach den Spielen die Olympiasieger von Peking empfangen. Wem hat das Gold zu Geld verholfen?
BERLIN Ob Bundeskanzlerin Angela Merkel alle Gesichter erkannt hat, als sie die deutschen Medaillen-Gewinner am Mittwoch ins Kanzleramt lud? Wohl kaum. Denn das Gold der meisten Olympioniken glänzt selten über die Spiele hinaus. Die AZ beschreibt, welche Gold-Athleten sechs Wochen nach Peking noch in Erinnerung sind. Wessen Gold glänzt noch?
MATTHIAS STEINER (25)
„Seine sportlichen Leistungen und seine bewegende Geschichte haben ihn zu dem deutschen Athleten in Peking gemacht", sagte Manager Alexander Elbertzhagen, als er Steiner ziemlich rasch nach dessen Goldtriumph unter Vertrag nahm. Das Sieger-Bild mit dem Foto seiner verstorbenen Frau war der ergreifendste Olympia-Moment. „Steiner ist der einzige deutsche Olympionike, von dem bisher bekannt wurde, dass er nach Peking eine namhafte Agentur ergattert oder einen Werbedeal an Land gezogen hat", sagt Jochen Habermeier von der Agentur „Vitesse“, die u.a. Anni Friesinger oder Fabian Hambüchen betreut. Für ihn sei es normal, dass die Werbe-Offensive der Olympioniken noch auf sich warten lasse. „In der Regel dauert es einige Monate, bis die Verträge unter Dach und Fach sind.“
Ist der Werbe-Zug für Steiner schon abgefahren? Noch gibt sich seine Agentur überzeugt, dass Steiner „zum ersten deutschen Gewichtheber wird, der als Profi auf gesunden Füßen leben kann".
BRITTA STEFFEN (24)
Die Schwimmerin ist vielleicht das deutsche Peking-Gesicht. Ihr Doppel-Gold ist dank ihrer Jubel-Interviews noch immer präsent. Aber warum gibt es keine Werbespots mit ihr? Ihre Managerin Regina Eichhorn sagt: „Die werden sicher kommen! Ich mache den Job seit 15 Jahren und habe mich auch um die ersten Verträge von Franziska van Almsick 1992 gekümmert. Bei ihr war der erste große Werbevertrag auch erst ein halbes Jahr nach den Sommerspielen perfekt.“ Steffen sei schon vor Peking ein Star gewesen und habe Partnerschaften mit debitel und Toyota. „Britta achtet sehr darauf, ob ein Unternehmen zu ihr passt, ob potenzielle Partner ihre Engagements für soziale Projekte und Umweltschutz unterstützen können“, sagt Eichkorn, die den Marktwert von Gewichtheber Steiner als problematisch einschätzt: „Super Geschichte, aber zu welchem Image eines Unternehmens soll das passen?“
BRITTA HEIDEMANN (25)
Keine Olympionikin ist im TV so begehrt wie die Kölnerin, die in diesem Semester ihre Diplomarbeit zum Thema chinesisches Umweltrecht abgibt. Vergangenen Samstag saß die Degenfechterin neben Thomas Gottschalk bei „Wetten, dass..?" Zuvor gastierte sie in Shows von Beckmann und Raab. Heidemann gehörte neben Stars wie „Tatort“-Kommissarin Ulrike Folkerts und Sängerin Nena zu einer Promi-Auswahl , die Spielorte der Frauenfußball-WM 2011 präsentieren durfte.
„Bis Jahresende ist damit zu rechnen, dass der eine oder andere Werbepartner dazukommen wird“, prophezeit ihr Manager Oliver Lücke der „Newcomerin des Jahres“. Diesen Titel verlieh ihr eine Jury aus Unternehmens-, Agentur- und Medienvertretern. Was es bringt, ist ungewiss.
JAN FRODENO (27)
Auch der Gold-Triathlet darf sich mit einem Titel schmücken („Champion des Jahres"), der ihm immerhin einen Smart-Cabrio einbrachte. Er tingelt durch die Talkshows. „Er sieht gut aus, kommt sympathisch rüber. Der olympische Triathlon hat aber nicht den Glanz, einen Hero zu produzieren", sagt Marketing-Experte Peter Ehm.
Und dann gab es noch Gold-Gewinner wie den Degenfechter Benjamin Kleibrink (23), dessen Erfolg nach Ende der Spiele schon wieder vergessen war, ebenso erging es den Kajak-Kollegen um den Augsburger Alexander Grimm (21), dem Judoka Ole Bischoff (29) oder der Modernen Fünfkämpferin Lena Schöneborn (23). Die Gold-Reiter Hinrich Romeike (45) und Nadine Capellmann (43) wären, auch altersbedingt, eher geeignet für ein spezielles Werbe-Klientel.
Fazit: Vier Goldmedaillengewinnern ist es gelungen, in Erinnerung zu bleiben. Mehr auch nicht, konstatiert Marketing-Experte Peter Ehm: „Unter den deutschen Olympioniken gibt es keinen einzigen, der es geschafft hat, in der Spitzenklasse der Vermarktung anzukommen."
Sebastian Bütow