Weit geworfen, scharf geschossen

LONDON 63 Frauen und 87 Männer gehen von Mittwoch an für Deutschland bei den Paralympics wieder auf Medaillenjagd. Vor vier Jahren in Peking hatten deutsche Behindertensportler 88 Medaillen gewonnen, was in der Nationenwertung Rang elf bedeutete – heuer will man wieder unter die Top Ten. „Wir wollen mehr Medaillen holen als in Peking”, sagte DBS-Vizepräsident Michael Rosenbaum.
Mit dazu beitragen sollen auch sieben Münchner Sportler.
Rollstuhlbasketball:
Mit 14 Deutschen Meisterschaften und acht Pokalsiegen ist der USC München der erfolgreichste Rollstuhlbasketballverein in Deutschland, auch wenn der letzte Titelgewinn 16 Jahre her ist. Auch bei den Paralympics sind wieder drei USCler dabei: Johanna Welin bei den Frauen und Sercan Ismail sowie Sebastian Magenheim bei den Männern. Bundestrainer Nicolai Zeltinger, der im Vorjahr mit dem Männer-Team den Vize-EM-Titel feiern konnte, berief erstmals den 21-jährigen Ismail für ein wichtiges Turnier. Sercan hat die deutschen Nachwuchsmannschaften durchlaufen und gilt als hervorragender Distanzschütze.
Leichtathletik: Vor fünf Jahren hat ein Behandlungsfehler das Leben von Birgit Kober einschneidend verändert. Auf der Intensivstation war ihr die toxische Dosis eines Medikaments verabreicht worden – wegen eines Schreibfehlers. Seitdem ist die 41-jährige Pädagogin an den Rollstuhl gefesselt und geht in London in Speerwurf und Kugelstoßen an den Start. „Ich werde immer versuchen, mein Hauptaugenmerk darauf zu richten, was alles noch machbar ist in meinem Leben – und nicht darüber in permanente Trauer versinken, was eben nicht mehr geht.” Mit dem Speer wurde sie nach nur zehn Tagen Training Münchner Meisterin, 2011 bei der WM in Neuseeland gewann sie zwei Goldmedaillen.
Radsport: Bundestrainer Patrick Kromer hat mit Denise Schindler und Michael Teuber (siehe Text oben) zwei Münchner Stars. Die 24-Jährige aus Bad Kötzting verlor im Alter von zwei Jahren einen Unterschenkel, als sie vor eine Tram stürzte. Erst viele Jahre später trat sie dem Behinderten -Sportverein München (BSV) bei - und wurde gleich in ihrem ersten Rennen bayerische Meisterin im Einzel- und im Bergzeitfahren. Auch bei ihrer ersten WM holte sie den Titel, im ersten Profijahr auch den Gesamt-Weltcup. Seit Jahresbeginn lebt sie mit ihrem Freund, einem Triathleten, im kanadischen Vancouver. Bei den Paralympics geht sie über vier Distanzen an den Start – mit jeweils guten Medaillenchancen.
Sportschießen: Seit einem Bergunfall im Jahre 1981 ist Norbert Gau auf den Rollstuhl angewiesen. Doch der leidenschaftliche Sportschütze erfüllte sich mit Disziplin und hartem Training einen Traum: die Silbermedaille bei den Paralympics in Peking in der Einzelwertung. Außerdem wurde der Oberbayer Dritter bei der Europameisterschaft 2005 (Einzel) und 2007 (Mannschaft). Im vergangenen Jahr wurde ihm der Bayerische Sportpreis in der Kategorie „Jetzt-erst-recht”-Preis für die vorbildliche Überwindung eklatanter Schwierigkeiten im Sport überreicht.