Was hat Schuster gegen Schmitt?
Der Bundestrainer hat den Routinier unter den deutschen Adlern nur widerwillig für die beiden letzten Springen nominiert. Lieber hätte er den Nachwuchs vorgezogen. Doch er hatte keine Wahl
GARMISCH-PARTENKIRCHEN Das hatte sich Werner Schuster anders vorgestellt. Mit einem jungen Team wollte der Trainer der deutschen Skispringer die Vierschanzentournee aufmischen, mit Wellingers und Freunds. Doch nach zwei Springen steht nun ein Athlet im Mittelpunkt, den Schuster wohl lieber in Rente sehen würde: Martin Schmitt, 34, ist die positive Überraschung dieser Tournee.
Dank des schwächelnden Nachwuchses und seiner passablen Leistung darf der Oldie nun auch bei den restlichen beiden Springen antreten.
Eine Entscheidung, um die das Trainerteam um Schuster nicht herumkam – und die Spuren hinterließ: „Es ist unbefriedigend für meine Person, an einem Tag, an dem es nicht gelang, in die Spitze zu kommen, solch eine Entscheidung treffen zu müssen. Sie beeinflusst nicht den Gesamtverlauf der Tournee, aber unsere Entwicklung”, räumte Schuster zerknirscht ein. Denn die Nachwuchsspringer Danny Queck und Karl Geiger musste er aus dem Team werfen – zugunsten des 34 Jahre alten Schmitt. „Das tut verdammt weh”, schilderte Schuster seine Gefühle.
Danny wer und Karl wie? Auch wenn die breite Öffentlichkeit von Queck und Geiger bisher kaum Notiz genommen hat, Martin Schmitt aber der letzte populäre Aktive aus dem Olympiasiegerteam ist, so gelten für Schuster andere Kriterien: Der von ihm propagierte Umbruch hin zu einem jungen Team ist durch Schmitts Erfolg und die Rückstufung der Talente zumindest ins Stocken geraten.
Was hat Schuster gegen Schmitt? Der Bundestrainer tat sich schon bei der Berufung des 34-Jährigen schwer, er schickte den Olympiasieger noch vergangene Woche „in die Knochenmühle” (Schuster) von Engelberg, und erst als er dort wider Erwarten gewinnen konnte, nominierte er ihn als letzten deutschen Springer für die Tournee – notgedrungen.
Der feste Plan aber war es, Schmitt für die beiden Springen in Österreich (4.1. in Innsbruck, 5.1. in Bischofshofen) nicht mehr zu berücksichtigen, da dann nur noch sechs DSV-Springer starten dürfen. Doch nun ist Schmitt nach seinem starken Comeback weiter dabei. „Nach dieser sportlichen Darbietung gebietet es der Respekt, nicht irgendwelche taktischen Überlegungen vorne anzustellen, sondern der Leistung Tribut zu zollen”, stellte Schuster klar.
Schmitts alter Weggefährte Sven Hannawald pflichtete dem bei: „Er hat es verdient, er hatte zwei solide Wettkämpfe, in denen er vor den jungen Springern war”, sagte er bei „Sky Sport News”. Und auch ARD-Experte Dieter Thoma hatte nach Schmitts bravourösem erstem Durchgang beim Neujahrsspringen gesagt: „Schuster kommt nicht an ihm vorbei, wenn Martin so weiterspringt. Der Bundestrainer hat es im Vorfeld über die Leistungsschiene gemacht, ich hoffe, dass er das jetzt auch tut.” Er tat es. Weil er es musste.
Ausgerechnet Schmitt, der ein Jahr nicht im Weltcup gesprungen war, ist zur Tournee-Halbzeit neben Youngster Andreas Wellinger der Gewinner im deutschen Team. „Ich bin nicht tot zu kriegen”, witzelte der Routinier.
Als Zwölfter in der Gesamtwertung machte sich Schmitt auf den Weg nach Innsbruck, wo er vor vier Jahren seinen bislang letzten Tournee-Podestplatz gefeiert hatte: „Es ist natürlich schön, dass ich kann. Aber wichtiger ist für mich die skispringerische Entwicklung. Da bin ich auf einem sehr guten Weg.”
Ob seine Rückkehr von Dauer sein wird? „Ich bin heiß auf gute Wettkämpfe”, verkündete Schmitt. Kampflos will er seinen Platz nicht hergeben. „Wir haben nicht darüber gesprochen, ob ich weiter im Weltcupteam sein werde. Jetzt bin ich erst mal dabei”, sagte Schmitt.