Warum zerstechen und lochen die Greenkeeper jedes Jahr den Golfplatz?

Byron Nelson hat in einem Interview auf die Frage, was wohl die größte Innovation im Golfsport war, eine verblüffende Antwort gegeben: die Rasenmäher. Nichts hat sich so sehr verändert wie die Technik und das Wissen rund um die Pflege des Grases auf einem Golfplatz.
Dennoch sind die Greenkeeper für viele Golfer Menschen von einem anderen Stern. Wie Aliens wirken sie mit ihren lauten Maschinen auf dem Golfplatz. Stets bemüht, dem gemeinen Golfer das Leben schwer zu machen.
Fünf Jahre lang dauert die Ausbildung, bis man sich offiziell Greenkeeper nennen darf. Die Pflege eines ca. 80 ha großen Geländes beschränkt sich nicht allein darauf, jeden Morgen bei Sonnenaufgang den Rasen zu mähen. Das Wissen über die sensible Art, wie Grassorten auf unterschiedlichste Wetterbedingungen reagieren, ist entscheidend. Nur so können die Rasenpfleger gezielt den Platz für eine neue Golfsaison vorbereiten.
So beginnt jedes neue Jahr mit dem gleichen ernüchternden Anblick für alle Golfspieler. Die ersten warmen Tage zeichnen sich ab. Der Nachtfrost endet und eine kleinere Trockenperiode lässt sich aus den Wettervorhersagen orakelhaft ableiten. Und just in diesen Tagen verbreitet sich in den Newslettern, Homepages oder Aushängen im Clubsekretariat die Hiobsbotschaf t: „In den nächsten Tagen werden auf dem Golfplatz Pflegemaßnahmen durchgeführt. Es ist nur ein eingeschränkter Spielbetrieb möglich“. Schon hört man das monotone Brummen der schweren Maschinen, die mit brachialer Gewalt das Grün, die Abschläge oder Fairways zerteilen, zerstoßen oder durchlöchern. Warum in aller Welt muss das gemacht werden?
Durch das Gewicht der Golfspieler, der Elektrotrollies, Golfwägen und natürlich auch der Mähmaschinen selbst verdichtet sich der Boden auf dem Golfplatz. Durch die mechanischen Maßnahmen wie Vertikutieren, Aerifizieren und dem anschließenden Sanden werden die Bodenschichten durchstoßen, gelockert und belüftet. Es gibt viele verschiedene Regenerationsmaßnahmen, die Greenkeeper durchführen. Abhängig davon, was sie gerade vorbeugend bekämpfen.
VERTIKUTIEREN
Durch den natürlichen Vorgang beim Graswachstum verfilzt die oberste Wurzelschicht. Durch die permanente Bildung neuer Triebe fängt die oberste Schicht auf dem Grün an zu verfilzen. Verfiltze Grüns sind bei Nässe weicher und oft werden dadurch die Grüns sehr langsam. Gleichzeitig saugt der Rasenfilz das Wasser auf und verhindert ein gleichmäßiges Durchfeuchten des Bodens. Die Wurzeln gehen nicht mehr so tief in den Boden und das Grün wird anfällig für Krankheitserreger (Schneeschimmel, Hexenringe, Dollarspots). Dies wird durch das Vertikutieren verhindert oder zumindest stark reduziert. Das stärkste Wachstum findet in den Monaten April bis Juli statt. Daher nutzt der Greenkeeper diesen Zeitraum meist häufiger, um der Verfilzung vorzubeugen.
AERIFIZIEREN
Bestimmt kennt jeder - z .B. vom Spazierengehen - Grünflächen, über die der Fußgänger abkürzt. Erst entsteht ein kleiner Trampelpfad, später ein fester, harter Untergrund, der selbst bei starkem Regen nicht mehr weich und matschig wird.
Das gleiche Schicksal würde ein Golfplatz erleiden, wenn nicht ständig Regenerationsmaßnahmen stattfinden würden. Mit dem Aerifizieren werden 2 Euro große Hohlspoons in das Grün gestochen. Das Material in den Röhren wird dabei aus dem Grün entnommen, händisch vom Grün entfernt und entsorgt. Nun verteilen die Greenkeeper frischen Sand, teilweise auch mit natürlichen Düngern versetzt auf dem Grün, um den meist feuchten Sand trocknen zu lassen. Der durch mehrere Stunden Sonneneinstrahlung getrocknete Sand kann die Hohlräume richtig ausfüllen. Manche Golfclubs gehen dazu über, sich Sandsilos anzuschaffen. So kann das Greenkeeper-Team sofort auf trockenen Sand zugreifen und die Pflegemaßnahmen werden zeitlich deutlich verkürzt. Vor allem da nun kein mehrtägiges sonniges Wetterfenster abgewartet werden muss, sondern schon bewölkte Tage für das Aerifizieren genutzt werden können. Für den Golfplatz, der sich eine solche Anschaffung leisten kann, eine clevere Investition sehr zum Wohle der Mitglieder.
Aerifizieren sollte man idealerweise zwei- bis dreimal im Jahr. In der Regel sind es aber eher nur ein- bis zweimal, da die Maßnahme bei den Golfern natürlich nicht besonders beliebt ist. Allerdings gibt es keinen Grund stolz zu sein, falls sich die Mitglieder in Abstimmungen oder sonstigen Interventionen gegen ihren Greenkeeper durchgesetzt haben und das Aerifizieren jahreweise aussetzen. Die Quittung kommt später um so heftiger. Eine schwarze Zwischenschicht in ca. 10 cm Tiefe wird immer undurchdringlicher für die Wurzeln. Das Rasenwachstum wird immer schlechter, Staunässe immer größer. Hinzu kommt vermehrte Moosbildung auf den Grüns und die Grasnarbe selbst wird immer dünner und löchriger. Oft bleibt als letzter Ausweg nur der Neuaufbau der Grüns. So kommen pro Grün Kosten in Höhe von mindestens 10 000 Euro auf die Golfanlage zu und es dauert ca. 4-6 Monate, bis die Grüns wieder bespielbar sind.
FRÄSEN
Das Fräsen arbeitet nach dem gleichen Prinzip wie das Aerifizieren. Dabei werden ca. ein Zentimeter breite und ca. fünf Zentimeter tiefe Bahnen in die Grüns gefräst. Trockener Sand füllt die Bahnen nach dem gleichen Prinzip wie beim Aerifizieren auf. Der Vorteil ist ein schnelleres Zuwachsen der Grüns als beim Aerifizieren. Allerdings geht das Fräsen nicht so tief in die Bodenschicht und ist damit kein kompletter Ersatz für das Lochen der Grüns.
Es gibt noch weitere Maßnahmen, die Greenkeeper auf dem Platz durchführen. Da wird geschlitzt, tiefengelockert und topdressing durchgeführt. Fragen Sie doch mal einen Greenkeeper, was er da gerade macht und warum, denn Greenkeeper sind keine arbeitswütigen Verrückten, die sich Schikanen ausdenken um beschäftigt zu sein. Ihr einziges Ziel ist es, den Golfplatz in einen Zustand zu versetzen und zu erhalten, der uns allen viel Spaß beim Golfen bringt. Einen großen Beitrag können wir aber alle selbst leisten. Reparieren Sie Ihre Pitchmarken. Pitchmarken sind die Trophäen derjenigen, die das Grün getroffen haben. Nutzen Sie dies als ein Zeichen Ihren Mitspielern gegenüber. Denn jede nicht reparierte Pitchmarke ist eine Wunde, in die sich sofort normale Grassorten einnisten und somit die Grüns verschlechtern. Das Gleiche gilt für rausgeschlagene Divots. Wer das Divot zurücklegt und einmal fest drauftritt, hat dem eigenen Golfplatz einen großen Gefallen getan.