Warten auf Schampus

Der 15-jährige Jonas Folger aus Schwindegg ist der jüngste deutsche WM-Starter aller Zeiten. Er schafft es sogar aufs Siegerpodest. Irgendwie blöd nur, dass sie ihm dort Alkohol verweigern
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Der 15-jährige Jonas Folger aus Schwindegg ist der jüngste deutsche WM-Starter aller Zeiten. Er schafft es sogar aufs Siegerpodest. Irgendwie blöd nur, dass sie ihm dort Alkohol verweigern

HOHENSTEIN-ERNSTTHAL Es wird eine trockene Feier. Wenn Jonas Folger am Sonntag wieder aufs Podest fährt, so wie schon im Mai in Le Mans. Wie damals werden sie ihm auch am Sachsenring keinen Champagner geben. Sondern nur Mineralwasser. Denn laut den Statuten des Motorrad-Weltverbands ist Folger für Schampus noch nicht alt genug. Es gilt Alkoholverbot für das Milchgesicht.

Für den jüngsten deutschen WM-Fahrer aller Zeiten, den 15-jährigen Jonas Folger aus Schwindegg.

Schwindegg, 60 Kilometer östlich von München, gleich hinter Dorfen. 3500 Einwohner, ein klassischer Ort im Oberbayerischen. Mit einem Schützenverein, einer Freiwilligen Feuerwehr, einer Katholischen Landjugendbewegung und, liberalitas Bavariae, sogar einer SPD.

Und mit Jonas Folger, dem großen Motorrad-Talent. Mit drei bekam er von Papa Jakob und Mama Anka seine erste Maschine, ein Malaguti-Kindermotorrad: fünf PS, fünfzig Kubik.

„Wir in der Familie sind alle Motorradlspinner“, sagt der Vater. Alex, der Bruder vom Jakob fuhr mal Deutsche Meisterschaft, er selbst, der eine KfZ-Werkstatt am Ortsrand hat, kurvt auch gerne durch die Gegend, so weit wie der Jonas hat es aber keiner von ihnen gebracht.

Mit zehn schon gewann der Bub den ADAC-Mini-Bike-Cup, mit zehn Siegen in zehn Rennen, mit zwölf kam er dann an die MotoGP-Academy in Spanien, die berühmteste und berüchtigte Nachwuchsschmiede für junge Talente.

1500 hatten sich dafür beworben, drei wurden ausgewählt, einer davon war Jonas. Drei Jahre pendelte er zwischen Valencia und Schwindegg, zwischen Mittelmeer und Isental. Kein normales Leben für einen Buben zwischen 12 und 15. Aber eines, das er selbst so wollte, wie er im Gespräch mit der AZ sagt. „Ich hab’ mir das ja rausgesucht, ich wollte schon immer Rennfahrer werden.“ Weshalb es nun in dieser Saison mit Vollgas in die WM ging.

In der 125er-Gesamtwertung ist er als Siebter bester Deutscher, noch vor Sandro Cortese (9.) und Stefan Bradl (10.), und deswegen ging es vor dem Heimrennen auch ziemlich zu in Schwindegg. TV-Reporter kamen vorbei, permanent klingelte das Telefon, „sowas“, sagt Folger, „strengt auf Dauer ganz schön an.“ Aber besser, als würde sich keiner für ihn interessieren, weil er so schlecht ist.

Viel Zeit blieb somit nicht, nicht für sein geliebtes Freibad am Waldrand, nicht für die Musik von Eminem, seinem Lieblingsrapper, nicht für die alten Schulfreunde aus der Montessori-Schule ein paar Kilometer weiter, wo Jonas Folger zuletzt seinen Quali machte und wo er, einer der weltschnellsten Zweiradfahrer, immer mit dem Schulbus hinzuckelte.

Von den Spezln werden viele dabei sein am Sachsenring, die Eltern sowieso, und die Amelie auch, die siebenjährige Schwester, sie alle rücken dann mit Fahnen, Bannern und Käppis an, die Onkel Alex herstellt, mit der Nummer 94, seiner Startnummer. Eine Freundin ist nicht dabei, die hat er auch noch gar nicht, denn dann hätte er ja noch weniger Zeit.

Und es steht ja noch viel an in dieser Saison, nächstes Wochenende der Grand Prix im englischen Donington, am 16. August dann das Rennen in Brünn. Darauf freut sich Jonas Folger besonders. Denn drei Tage zuvor wird er 16.

Dann gibt’s am Podium endlich Schampus.

F. Kinast

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