Vreni Schneider: „Lindsey ist ein echtes Phänomen“

Vonn holt sich Sieg Nummer 63 und ist damit alleinige Rekordhalterin. In der AZ gratuliert ihr Vreni Schneider, die Dritte der ewigen Bestenliste.
Interview: Matthias Kerber |
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AZ: Frau Schneider, Lindsey Vonn hat den als unknackbar geltenden Rekord von Annemarie Moser-Pröll gebrochen und führt nun die ewige Bestenliste, auf der Sie auf Platz drei rangieren, mit 63 Weltcup-Siegen an. Da kann man nur huldvoll, gratulieren, oder?

VRENI SCHNEIDER: Ich habe fast Probleme, die Worte zu finden, um meine Anerkennung auszudrücken. Das ist grandios. Für Lindsey, aber auch den Sport an sich. Lindsey ist ein echtes Phänomen. Ich Freude mich richtig mit ihr und für sie. Das ist eine fantastische Leistung und natürlich gehört sie zu den ganz, ganz Großen des Sports. Aber ich halte nicht viel davon, Sportler aus verschiedenen Ären miteinander zu vergleichen. Das empfinde ich fast ein bisschen als respektlos. Lindsey ist eine der Ski-Königinnen, aber ich finde, dass es erlaubt sein muss, in einem Nachsatz zu erwähnen, dass die Zeiten und Umstände damals und heute einfach ganz andere sind.

Zu Moser-Prölls Zeiten gab es etwa die Disziplin des Super-Gs nicht, sie schaffte ihre Erfolge in 174 Rennen, Vonn hat bereits 333 Weltcup-Starts.

Ich bin sicher, dass eine Moser-Pröll auch im Super-G Siege geholt hätte, heute ist ja alles so viel professioneller, man hat mehrere Trainer, Betreuer. Lindsey ist großartig, das ist ein Rekord, an den wird sie sich immer erinnern. Und ich Freude mich sehr für sie, das ist der Wahnsinn. Aber meine persönlichen Ski-Königinnen waren immer Moser-Pröll, die Rosi Mittermaier, Marie-Theres Nadig, die Erika Heß und Lise-Marie Morerod. Daran wird sich auch nichts ändern. Das waren und sind meine Heldinnen.

Hätten Sie gedacht, dass Vonn nach Ihren horrenden Knieverletzungen – zwei Kreuzbandrissen – so stark zurückkommt?

Ich war mir sicher, dass sie es packt. Sie war immer eine extreme Kämpferin. Sie hat sich sicher gesagt: So will ich nicht abtreten. Aber was wirklich erstaunlich ist und ihre Ausnahmestellung unterstreicht, ist, dass sie nicht nur gewinnt, sondern der Konkurrenz richtiggehend davonfährt. Das sind nicht nur ein paar Hundertstel, sondern sie nimmt den anderen eine halbe Sekunde ab. Das ist mehr als beeindruckend.

Die Zweite Anna Fenninger hatte 0,85 Sekunden Rückstand.

Das sind Welten. Ich selber habe die Rekordfahrt gar nicht gesehen, weil ich gerade selber beim Skifahren war. Aber das Rennen lief noch, als ich heimkam und als ich dann den Namen Vonn auf Platz 1 sah, habe ich mich sehr für sie Freude. Da ging mein Herz auf.

Ist es vielleicht Vonns größter Erfolg, dass sie all diese Erfolge feiert, obwohl Sie seit Jahren depressiv ist, Medikamente nehmen muss?

Ich habe das gar nicht glauben können, als ich das gehört habe. Da muss ich irgendwann mal mit ihr in einer ruhigen Minute drüber reden. Wenn es wirklich so ist, dann ist das eine noch größere Leistung. Ich selber kann mir das gar nicht vorstellen, wie das ist. Wann immer ich gewonnen habe, war ich so überglücklich, das war so ein Hoch, das war so wunderbar.

Überhaupt ist doch das Leben als Skiprofi einfach umwerfend. Wenn ich raus bin, die Spuren der Tiere im Schnee gesehen habe, dann habe ich immer für mich meinen Eltern gedankt, dass sie mir so ein Talent mitgegeben haben, dass ich diesen Sport professionell ausüben konnte. Ich habe auch immer an meine Freundinnen gedacht, die einem Beruf im Büro nachgehen mussten, während ich draußen in der Natur Skifahren konnte.

Es ist für mich wirklich schwer zu verstehen, dass man all die Jahre so unglaublich erfolgreich wie die Lindsey sein kann, aber das nicht so richtig genießen kann. Oder eben nur auf ihre Weise. Aber genau das ist ja das Heimtückische an der Krankheit.

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