Von Melle und Stitzinger: Geteilte Leidenschaft
Alix von Melle und Luis Stitzinger haben sechs Achttausender bestiegen – gemeinsam. Hier erzählen sie, wie sie sich gegenseitig unterstützen und was für Paare im Bergsport wichtig ist
Sie sind Deutschlands erfolgreichstes Bergsteigerehepaar: Alix von Melle (42) und Luis Stitzinger (44) waren an neun 8000ern unterwegs und haben davon sechs erfolgreich bestiegen. Von Melle ist Pressesprecherin bei Globetrotter Ausrüstung in München, Stitzinger arbeitet als Expeditionsleiter für AMICAL alpin. Wie funktioniert eine Beziehung unter Extrembedingungen? Welche Tipps können sie Paaren für die Skitourensaison geben?
AZ: Als Paar auf den höchsten Bergen der Welt: Welche Vorteile, welche Nachteile bringt das mit sich?
ALIX VON MELLE: Ich liebe die Berge und bin sehr glücklich, dass wir sie gemeinsam entdecken und erleben können. Wir können so sehr viel Zeit miteinander verbringen. Ein Nachteil ist, dass wir ja die Gefahren in der Höhe genau kennen und uns umeinander sorgen.
LUIS STITZINGER: Vorteil ist, dass wir uns sehr lange kennen und wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können. Und es ist natürlich wunderbar, unsere Leidenschaft für die Berge zu teilen. Nachteil ist, dass wir als Paar eine emotionale Beziehung haben; das heißt, es treten auch mal Spannungen auf. Und: Wir haben Angst um den anderen, mehr als um uns selbst.
Hat sich Ihre Beziehung in den Bergen im Laufe der Jahre verändert?
Von Melle: Ich stamme ja aus Hamburg und habe erst mit dem Studium in München mit dem Bergsteigen begonnen. Dadurch bin ich weniger erfahren als Luis. Als wir später gemeinsam auf Expeditionen gingen, wollte ich nicht, dass er Rücksicht auf mich nimmt. Heute sind wir gleichberechtigt unterwegs.
Stitzinger: Am Anfang habe ich mir viele Gedanken gemacht: Was kann ich Alix zutrauen, was schafft sie? Heute weiß ich genau, was sie kann. Sie hat sich unglaublich entwickelt, beim Bergsteigen, Klettern, Skitourengehen.
Welche Stärken, welche Schwächen haben Sie?
Von Melle: Luis ist Allgäuer und bewegt sich in den Bergen seit er Kind ist. Er bringt unglaublich viel Erfahrung mit. Bei Expeditionen handelt er verantwortungsbewusst, bleibt in extremen Situationen ruhig und überlegt. Meine Stärke ist, dass ich die Kälte und die Höhe gut vertrage. Ich habe die Fähigkeit, mich auf den Moment zu konzentrieren und mit wenig zufrieden zu sein.
Stitzinger: Alix verträgt die Höhe besser als ich, beim Gipfelgang ist sie mir ebenbürtig. Sie geht die Touren sehr analytisch an, kalkuliert vorher alle Situationen durch. Ich bin risikofreudiger. Alix bringt mich dann auf den Boden der Tatsachen zurück. Und: Alix kann besser verzichten als ich. Wenn sie sich nicht 100 Prozent sicher ist, dreht sie um.
Trainieren Sie zusammen?
Von Melle: Wir haben keinen festen Trainingsplan. Das funktioniert wegen unserer beruflicher Termine oft nicht. Mir ist es wichtig, abwechslungsreich zu trainieren, um die Motivation nicht zu verlieren. Luis trainiert oft härter, länger am Stück; ich dafür in mehreren Trainingseinheiten, zwischen denen ich versuche, genügend Pausen zu setzen.
Stitzinger: Bei der Grundlagenausdauer trainieren wir schon sehr oft gemeinsam. Wir gehen zusammen Mountainbiken, Bergsteigen und machen Bergläufe. Wenn es ums Feintuning geht, steigere ich mein Pensum. Ich muss mehr tun, um in der Höhe fit zu bleiben.
Was raten Sie Paaren, damit sie eine harmonische Skitour erleben?
Von Melle: Wichtig ist, dass jeder eine eigene Motivation mitbringt und nicht nur wegen des Partners mitmacht. Wenn einer von beiden fitter ist, soll er nach einem gemeinsamen Gipfel noch einen alleine dranhängen. So praktizieren wir das häufiger. Man muss nicht jeden Schritt zusammen machen. Klar ist: Wenn einer schwächer ist, muss der andere Rücksicht nehmen, darf ihn nicht überfordern. Das stresst, bringt zusätzlich Druck in das sowieso anspruchsvolle und komplexe Skitourenabenteuer.
Stitzinger: Wenn man als Paar nicht auf dem gleichen Level ist, muss man auch mal getrennte Touren gehen. Oder an einem Wochenende eine Tour gemeinsam, eine getrennt unternehmen. Dann wird man auch die gemeinsame Tour viel mehr genießen können. Grundsätzlich sollten beide Verantwortung für die Tour übernehmen bei der Planung und der Durchführung. Dann weiß jeder, worauf er sich einlässt. Wenn nur einer das Zepter in der Hand hat, krachts mit Sicherheit!
Infos: Expeditionsberichte, Fotos und Termine von Alix von Melle und Luis Stitzinger unter www.goclimbamountain.de
- Themen: