„Von Almhütten bis Strip — alles da!“
MÜNCHEN - Und geradelt wird auch! Wie das Münchner Sechstagerennen in diesem Jahr ab Donnerstag ums Überleben kämpft. Am Donenrstag soll ein Bayern-Star den Startschuss abgeben.
Seit Wochen sorgt sich Klaus Cyron. Der Chef der Münchner Sixdays fragt sich: „Wie viele Zuschauer werden kommen?" Seit Samstag könnte ihn noch eine andere Frage umtreiben: Gibt Luca Toni am Donnerstag um 20 Uhr wirklich den Startschuss ab – oder geht der Bayern-Star zuvor schon nach Hause?
Spaß beiseite. Nach zwei Pleitejahren mit insgesamt rund 130 000 Euro Verlust dürften die Besucherzahlen der 46. Auflage über die Zukunft der Traditionsveranstaltung in der Olympiahalle entscheiden. Sollte in diesem Jahr das angestrebte Ziel von rund 64 000 Besuchern, also 3200 mehr als 2008, nicht erreicht werden, steht der Bahnradzirkus in München vor dem Aus – genau wie zuvor in Dortmund und Stuttgart.
„Es ist kein Geheimnis, dass wir mit den Zahlen bislang nicht zufrieden waren", sagt Cyron, „aber eine Besucherbefragung ergab im letzten Jahr, dass fast alle mit unserem Angebot sehr zufrieden waren. Deswegen bauen wir neben unseren Marketing-Aktivitäten auf die Mund-zu-Mund-Propaganda.“
Das Programm verspricht auch in diesem Jahr eine Mischung aus Action, Musik und Sport. Doch dieses vermochte es in den letzten Jahren nicht, eine rundum gute Atmosphäre zu schaffen. Die Ränge waren meist spärlich besetzt. Keine Stimmung wegen zu wenig Besuchern, keine Besucher wegen zu wenig Stimmung – ein Teufelskreis. 2009 soll er durchbrochen werden.
„Von Almhütten bis Strip - alles da!", so wird geworben. Den typischen Sixdays-Besucher gibt es eben nicht mehr, deshalb muss für alle Zielgruppen gesorgt werden: Live-Band und Disko fürs Partyvolk, italienische Gerichte für die Toskana-Fraktion, österreichische Schmankerl für die Après-Ski-Freunde, Weißbierkarussell für die gemütlichen Durstigen, Verkaufsstände für Hobbyradler und eine waghalsige Inline-Stuntshow zur allgemeinen Unterhaltung. Angesichts der bunten Themenabende (Italienische Nacht, Partynacht, Trachtennacht...) kommt der Sport fast ein wenig blass daher.
Doch auch im ersten Jahr nach Erik Zabels Abschied gibt es übers Fahrerfeld spannende Geschichten zu erzählen: Vor allem jene von Bruno Risi, dem 41 Jahre alten Schweizer, der 2009 zum 19. und letzten Mal in München in die Pedale tritt. Eine tränenreiche Verabschiedung ist programmiert.
Fehlen wird der Belgier Iljo Keisse, vergangenes Jahr mit Robert Bartko Sieger in der Olympiahalle. Der 26-Jährige stand bis Anfang November unter Dopingverdacht, wurde dann jedoch vom belgischen Verband freigesprochen – die unerlaubten Substanzen, die in Keisses Blut gefunden wurden, sollen aus einem verunreinigten legalen Nahrungsergänzungsmittel stammen.
Rennleiter Sigi Renz hätte Keisse am liebsten sofort nachverpflichtet, doch die Veranstalter zogen nicht mit. „Iljo gehört derzeit zu den besten Fahrern auf der Bahn, ich hätte ihn natürlich gerne in München gehabt", sagt Renz, „aber in dieser schwierigen Situation, in der die Sixdays stecken, verstehe ich auch, dass man kein zusätzliches Geld ausgeben wollte." Rund 30000 Euro hätte Keisse als Antrittsgage bekommen. Und so tröstet sich Renz mit dem Wetterbericht. „Für die nächsten Tage ist weder Regen noch Schnee angesagt. Nichts hält die Leute ab zu kommen."
Joscha Thieringer
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