Vom Läufer zum Säufer – und wieder zurück
Henry Rono, nach den Weltrekorden übelst abgestürzt, feiert jetzt im Alter von 58 Jahren sein Comeback im Leben.
MONTE CARLO Henry Rono weiß nicht, wie oft er wegen Alkohol am Steuer verhaftet wurde, wie viele Entziehungskuren er abbrach, wo überall er in Obdachlosenheimen wohnte. „Im Suff verlor ich die Kontonummern von Banken“, gesteht er, und bis heute sind Gagen im sechsstelligen Dollarbereich in Zürich, Paris und London gesperrt für den Mann, der bekannte: „Am Morgen meines letzten Weltrekordes wachte ich betrunken auf.“
Rono präsentierte sich jetzt erstmals wieder der Sportwelt. Der Leichtathletik-Weltverband IAAF, der Rono vor 20 Jahren sogar einmal aus dem Gefängnis freikaufen musste, vergab bei der Ehrung der Welt-Athleten 2008 in Monte Carlo einen Spezialpreis für seine geglückte Rückkehr ins normale Leben. Der Mann, der vor 30 Jahren binnen 81 Tagen die beispiellose Zahl von vier Weltrekorden auf der Langstrecke aufstellte, wurde von 700 Gästen der Gala mit Beifall überladen. „Ich wurde vom Läufer zum Säufer und jetzt bin ich wieder ein Läufer“, sagt der 56-Jährige, der heute als Trainer in New Mexiko arbeitet und wieder drei-, viermal die Woche eine Stunde läuft.
Vor wenigen Jahren war er dort noch Kofferträger am Flughafen, Parkwächter und wusch Autos. „Ich hatte viele miese Jobs in meiner schlimmen Zeit. Ich ging durch die Hölle. Danach geht es entweder wieder aufwärts oder du bist tot", sagt der Kenianer.
Schon in seinen besten Zeiten hatte er es übertrieben. Von allen Veranstaltern gejagt, schlug er den Rat, höchstens einmal pro Woche zu starten, in den Wind und lief im 48-Stunden-Takt ins Desaster. Bald litt Rono unter Verfolgungswahn, glaubte, sein Trainer John Japlin wolle ihn umbringen. Das Geld war verprasst oder auf unbekannten Konten unerreichbar. Unter falschem Namen mietete er sich in Hotels ein und zahlte die Rechnungen nicht. Er wurde wegen Betrugs verhaftet.
Dann endlich ließ sich Rono helfen durch Psychologen und Mediziner. Der Alkoholentzug gelang. Nach und nach verlor er 30-40 Kilo Übergewicht. Als er wieder trocken war, absolvierte er eine Ausbildung zum Sportlehrer und Trainer. Heute hat er selbst einen Klub, in dem er als Trainer arbeitet und ist für einige Stunden Lehrer an einer Highschool. Er besitzt inzwischen wieder ein Haus. Doch Frau und zwei Kinder (Sohn 26, Tochter 23) leben in Kenia.
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