Vitali Klitschko im AZ-Interview: "Von einem Mädchen verprügelt"

Box-Weltmeister Wladimir Klitschko beeindruckte beim K.o.-Sieg über Kubrat Pulev. Die AZ sprach exklusiv mit Bruder Vitali über den Kampf.
von  Matthias Kerber
Vitali Klitschko spricht exklusiv in der AZ über den Fünf-Runden-Hammer seinen Bruders Wladimir gegen Kubrat Pulew.
Vitali Klitschko spricht exklusiv in der AZ über den Fünf-Runden-Hammer seinen Bruders Wladimir gegen Kubrat Pulew. © dpa/AZ

AZ: Herr Klitschko, Ihr Bruder Wladimir zeigte bei seiner Titelverteidigung gegen Pulev eine großartige Leistung, schickte den Herausforderer vier Mal zu Boden und siegte durch einen spektakulären Knockout. Sie müssen ziemlich stolz sein.

VITALI KLITSCHKO: Das bin ich. Viele, die nicht viel Ahnung vom Boxen haben, kritisieren Wladimir ja für seinen Boxstil. Sie werfen ihm vor, dass er den Sport wie ein Schachspiel betreiben würde. Überlegt und überlegen, klinisch, präzise. Gegen Pulev habe ich meinen eigenen Bruder aber kaum wiedererkannt. Er ging nach vorne in die Gefahrenzone, suchte das Risiko. Das war für mich nervenaufreibend, aber ein Boxer muss seinem Herzen und seinem Instinkt folgen. Er wusste, dass es an diesem Abend der Weg war. Nicht nur, um zu gewinnen, sondern um ein Statement abzugeben. Wladimir ist der Beste der Welt. Ihm kann keiner das Wasser reichen.

Dabei faselte Pulev nach dem Fight davon, dass Wladimir Glück gehabt hatte.

(lacht) Das Glück hatte Pulev. Dass ihm nicht noch mehr passiert ist.

Naja, Verletzungen am Oberkiefer und am Jochbein, starke Gehirnerschütterung – die Diagnose ist schon ziemlich erschütternd.

Wir wünschen keinem Gegner, dass ihm etwas passiert. Aber Verletzungen sind ein Teil dieses Sports. Pulev hat mit sehr unsauberen Methoden versucht, Wladimir aus dem Konzept zu bringen. Viele Nackenschläge, Punches nach dem Trennkommando... Pulev ist ein guter Boxer, der bis Samstagabend ungeschlagen war. Aber leider ist er als Mensch und als Boxer unangenehm. Er hat sich im Ring genauso unwürdig verhalten wie schon vor dem Kampf, als er versucht hat, Wladimir zu beleidigen. Er hat ihn als Mädchen bezeichnet und gesagt, dass er kein Herz hat. Das Problem ist, dass man sich nachher genau an seinen Sprüchen messen lassen muss. Pulev muss sich jetzt also selbst sagen, dass er sich von einem Mädchen hat verprügeln lassen. Und wie. Dieses Mädchen hat ihn vorgeführt und ausgeknockt. So ist es, wenn man mit bösen Worten um sich wirft, sie fallen irgendwann auf dich zurück. Und dann steht man ganz schnell sehr dumm da.

Lesen Sie hier: Klitschkos K.o.-Kracher: "Pulew hat den Preis bezahlt"

Wenn man bei dieser elektrisierenden Atmosphäre so nahe dabei ist: Wie sehr reizt es Sie, der 2012 die Box-Karriere beendet hat, wieder zu boxen?

Es juckt. Aber auch nicht mehr. Alles im Leben hat seine Zeit. Ich hatte eine tolle Box-Karriere, habe unglaublich viel erreicht. Aber die Zeit des Boxers Vitali Klitschko ist vorbei. Und sie wird auch nicht zurückkommen. Ich bin jetzt in der Politik tätig.

Sie sind Bürgermeister von Kiew.

Ja, und das erfordert all meine Kraft und Aufmerksamkeit. Ich verschwende keinen Gedanken an ein Comeback. Wladimir hält die Flagge der Klitschkos allein bestens hoch.

Ein anderer Mann saß auch wieder am Ring und pöbelte wie gewohnt gegen Wladimir: Der US-Boxer Shannon Briggs, den Sie 2010 über zwölf Runden weichgeklopft haben. Wundert es Sie, dass er sich das noch mal antun will?

(lacht) Shannon kriegt halt nicht genug. Ich muss zugeben, es wundert mich, aber man muss auch sagen, er hat es geschafft, dass alle Welt über ihn redet. Er inszeniert ein derartiges Spektakel, dass die halbe Welt glaubt, er wäre ein würdiger Gegner. Auch das ist eine Kunst. Vielleicht hat er es sich langsam verdient, noch eine Tracht Prügel zu bekommen. Ich weiß es nicht, ich denke, es ist jetzt nicht der Moment, über Shannon zu reden.

Reden wir über Sie und Wladimir. Schließlich werden Sie erstmals Onkel. Wladimirs Lebensgefährtin Hayden Panettiere erwartet das erste Kind Ihres „kleinen Bruders“.

Wir freuen uns alle sehr. Es wird ein Mädchen werden. Es gibt dazu auch schon einen Witz, der in unserer Familie die Runde macht.

Lassen Sie hören.

Nun, ich habe ja zwei Söhne und eine Tochter. Und meine beiden Söhne bezeichnen sich sehr, sehr gerne als die Klitschko-Brüder, die neuen Klitschko-Brüder. Bis jetzt war meine Tochter allein. Doch jetzt, wenn Wladimirs Tochter zur Welt kommt, dann werden wir endlich von den Klitschko-Schwestern reden können. Es sind zwar keine leiblichen Geschwister, aber wir stehen uns alle so nahe, dass wir als eine Familie alles Brüder und Schwestern sind.

Wie wird Wladimir als Vater sein?

Großartig! Er ist ein toller Onkel und wird ein noch besserer Vater. Ich hoffe auch, dass er seine Kinder öfter sieht als ich meine. Der Beruf als Politiker ist für das Familienleben noch schwieriger als das Boxen.

 

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