Viktoria Rebensburg: "Eine sehr enttäuschende Saison"
Viktoria Rebensburg (32), ehemalige Riesenslalom-Spezialistin, beendete 2020 ihre Karriere. Im AZ-Interview zieht sie ein Fazit über die aktuelle Weltcup-Saison und die Leistung ihrer ehemaligen Teamkolleginnen.
AZ: Frau Rebensburg, Sie hatten ein Gastspiel bei der Freeride World Tour in Fieberbrunn, sind bei schwierigen Schneeverhältnissen den Wildseeloder runter gefahren. Wie ist es Ihnen ergangen?VIKTORIA REBENSBURG: Das war sehr cool, aber auch eine richtige Challenge. Ich hatte mir mit einem Bergführer eine Route überlegt, aber wenn man oben losfährt, sieht man nicht so genau, wo man hinfährt.
Deutscher Ski-Verband vor Nachwuchsproblemen
Wäre das ein Wettkampf für Sie? Marcel Hirscher ist hier schon zwei Mal runter, Daron Rhalves auch, Julia Mancuso ist mal Dritte geworden.
Wettkämpfe oder Rennen brauche ich nicht mehr, aber eine wirklich tolle Erfahrung war es definitiv.
Am Samstag endet in Courchevel die Weltcup-Saison. Wie haben Sie den Winter aus DSV-Sicht erlebt? Wie sehr blutet Ihnen das Herz, wenn es Riesenslaloms ohne deutsche Beteiligung gibt?
Klar blutet mir da das Herz. Auch als ich noch gefahren bin, war es teilweise so, dass ich im zweiten Durchgang als einzige Deutsche am Start war. Deswegen ist es schade, dass in dem Bereich die Entwicklung nicht weiter gegangen ist. Wir wissen ja, dass wir nicht gerade viel Nachwuchs haben. Ich denke, man muss bei der Problemlösung tiefer gehen und sich die Nachwuchsprogramme anschauen. Es sind im jüngeren Bereich schon viele Jungs und Mädels dabei, zwar nicht mehr die Masse wie früher, aber trotzdem einige richtig gute Skifahrer. Man sollte sich aber fragen, warum es nicht mehr nach oben schaffen.
Rebensburg über Lena Dürr: "Sie hat die Chance, Slaloms zu gewinnen"
Im Speed-Bereich ist Kira Weidle Einzelkämpferin, im Slalom steht man dank Lena Dürr und Emma Aicher fein da, aber dahinter wird es dünn. In Summe sind das nicht viele Rennläuferinnen.
Wenn man wieder in die Historie schaut: In Deutschland gab es noch nie Massen von Skirennläufern, da haben andere Nationen einen anderen Background. Es kommt auch immer auf die Qualität der Athleten an. Lena und Kira haben gezeigt, dass sie ganz vorne mitfahren können und auch Sieg- oder Podest-Chancen haben.
Mit Lena Dürr sind Sie viele Jahre zusammen gefahren. Welcher Knoten ist bei ihr in dieser Saison auf einmal aufgegangen?
Ich glaube, sie hat viel gelernt in der Zeit, als sie nicht im Kader war. Da hat sie sich selber um vieles kümmern und sich damit auseinandersetzen müssen, was es braucht, um schnell zu sein und gute Leistungen abrufen zu können. In der Zeit ist ihre Karriere sicher Spitz auf Knopf gestanden. Auch bei Johannes Strolz (der bei Olympia Silber und zwei Mal Gold gewann, zuvor aber nicht in Österreichs Kader stand, d. Red.) hat man diese Leistungsexplosion gesehen. Das macht schon was mit einem Athleten. Mich freut es jedenfalls sehr für die Lena. Ich glaube, sie hat auch von der Persönlichkeit her noch mal einen richtig guten Schritt nach vorn gemacht. Und sie hat nun tatsächlich die Chance, Slaloms zu gewinnen.
Mit dem Herz in der Hand zum Sieg
Zu den Männern: auch eine eher gemischte Bilanz, oder?
Für die Speedfahrer war es eine eher enttäuschende Saison. Sie haben sich schwer getan, an die Erfolge der vergangenen Jahre anzuknüpfen. Die müssen sich neu sortieren, neu finden, einiges hinterfragen. Im Riesenslalom ist Alexander Schmid natürlich einer, der ganz vorne rein fahren kann. Er braucht noch etwas mehr Konstanz. Da kommen auch ein paar Junge nach, wie man jetzt bei Fabian Gratz und Anton Grammel gesehen hat. Und im Slalom hat Linus Straßer echt eine sehr solide, konstante Saison hingelegt, hat sich Schritt für Schritt weiterentwickelt.
Ihr Saisonfazit aus DSV-Sicht?
Die Medaille bei Olympia für das Team war ein versöhnlicher Abschluss. Punktuell hat der DSV sehr gute Athleten, und es wäre schön, da wieder mehr Konstanz auf hohem Niveau reinzubekommen. Und: immer wieder den Mut beweisen, das Herz in die Hand nehmen und auf Sieg fahren!
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