Vierschanzentournee: Wer wird der Königsadler?

Viermal Polen, zweimal Japan: Zuletzt war die Vierschanzentournee, was den Gesamtsieg angeht, eine Zweiländer-Angelegenheit. Und auch bei Ausgabe 71 ist erneut ein Pole der Top-Favorit.
von  Thomas Becker
Topfavorit aus Hannawalds Sicht: Dawid Kubacki. Der Pole führt vor der Vierschanzentournee den Gesamtweltcup an. Die DSV-Adler haben zuletzt etwas besser in die Saison gefunden.
Topfavorit aus Hannawalds Sicht: Dawid Kubacki. Der Pole führt vor der Vierschanzentournee den Gesamtweltcup an. Die DSV-Adler haben zuletzt etwas besser in die Saison gefunden. © IMAGO/Geisser

Zeitenwende an der Schanze. Wenn am Donnerstag in Oberstdorf die 71. Vierschanzentournee beginnt, werden erstmals seit 28 Jahren weder der "Simi" noch der "Nori" dabei sein.

Die Favoriten für die 71. Vierschanzentournee

Simon Ammann (41) und Noriaki Kasai (50) gehören allerdings schon länger nicht mehr zu den Favoriten auf den Gesamtsieg, den sich zuletzt die Polen und Japaner untereinander aufteilten. Ryoyu Kobayashi triumphierte 2021/22 und 2018/19, Kamil Stoch 2020/21, 2017/18 und 2016/17 und Dawid Kubacki 2019/20. Die Favoriten jetzt, das sind diese Herren hier:

Dawid Kubacki, Polen: So eine Pressekonferenz gab es selbst in den sehr speziellen Corona-Zeiten selten, davor schon gleich gar nicht. Weil er nicht rechtzeitig in Oberstdorf eingetroffen war, konferierte Dawid Kubacki vor der Vierschanzentournee aus dem Teambus mit den via Zoom zugeschalteten Medien.

Sommer-Grand-Prix-Sieger Dawid Kubacki aus Polen.
Sommer-Grand-Prix-Sieger Dawid Kubacki aus Polen. © Hendrik Schmidt/dpa

Kubacki: "Das gelbe Trikot heißt für mich, dass ich richtig gut gearbeitet habe."

"Wir hoffen, dass die Vorbereitung passt. Dass ich im Gelben Trikot bin, heißt für mich, dass ich richtig gut gearbeitet habe", sagte Kubacki, während er als Beifahrer den Weg vom Flughafen ins Allgäu zurücklegte. Der 32-jährige Tourneesieger von 2020 geht nach vier Weltcupsiegen in dieser Saison im Gelben Trikot des Gesamtführenden an den Start und strotzt vor Selbstvertrauen: "Ich bin begeistert, wie es aktuell funktioniert."

Klare Nummer eins im slowenischen Team: Lanisek

Anze Lanisek, Slowenien: Es hat wirklich eine ganze Weile gedauert, bis sich der Flieger aus Sloweniens Hauptstadt Ljubljana national etablieren konnte. Der heute 26-Jährige ging in den internen Duellen durch eine sehr harte Schule, aber letztlich es hat es sich dann doch für ihn gelohnt: Der Jugend-Olympiasieger von 2012 ist mittlerweile die klare Nummer eins im wie gewohnt starken slowenischen Team.

Anze Lanisek aus Slowenien bei der Vierschanzentournee in Garmisch-Partenkirchen.
Anze Lanisek aus Slowenien bei der Vierschanzentournee in Garmisch-Partenkirchen. © Daniel Karmann/dpa

Sämtliche Saisonsiege (3) und Podestplatzierungen (7) gingen auf sein Konto. Nur im ersten von acht Springen dieses Winters stand Lanisek mal nicht auf dem Podest. Seine Gesamtbilanz vor dem Beginn der Tournee: die Plätze 25, 2, 1, 4, 1, 2, 1, 3. Er scheint also tatsächlich die Konstanz für den dritten slowenischen Tourneesieg nach seinen Landsmännern Primoz Peterka (1996/97) und Peter Prevc (2015/16) zu haben.

Granerud  hat die gröbsten Gefahren weitgehend abgestellt

Halvor Egner Granerud, Norwegen: Vom reinen Vermögen her könnte der 26-jährige Urenkel des bekannten Kinderbuch-Autors Thorbjörn Egner (der Schöpfer von Karius und Baktus) der Allerbeste sein. Nur: Keiner neigt so sehr zu kapitalen Böcken wie der Extremspringer aus Oslo.

Die Wundertüte: der Norweger Halvor Egner Granerud.
Die Wundertüte: der Norweger Halvor Egner Granerud. © picture alliance/dpa

Die gröbsten Bock-Gefahren hat der momentan Vierte des Gesamtweltcups in dieser Saison aber offenbar mit Hilfe seines Nationalcoaches, des Österreichers Alexander Stöckl, weitgehend abgestellt. Er fliegt nun nicht mehr ganz so furchterregend weit nach rechts raus wie noch im Vorjahr, als er teilweise nach der Landung an der Bande entlang schrappte.

Das Zeug zum Gesamtsieg hat der Tournee-Dritte des Vorjahres und Gesamtweltcupsieger von 2021 also zweifelsohne. Acht Wettkampfsprünge in Serie ohne Patzer zu absolvieren, wird auch für ihn der Schlüssel sein.

Holt Kraft den ersten Sieg für Österreich seit der Saison 2014/15?

Stefan Kraft, Österreich: Sein Sieg war der bislang letzte in einer Serie von sieben Vierschanzentournee-Triumphen der goldenen Generation Österreichs von 2008/09 bis 2014/15.

Der Österreicher Stefan Kraft konnte 2015 schon einmal die Gesamtwertung gewinnen.
Der Österreicher Stefan Kraft konnte 2015 schon einmal die Gesamtwertung gewinnen. © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa/dpa

Acht Jahre ist das nun also auch schon wieder her, seitdem ging der begehrte Goldadler-Pokal für den Tournee-Gesamtsieg nicht mehr an den Co-Gastgeber aus Austria.

Letzter deutscher Sieg der Vierschanzentournee: vor 21 Jahren

Eine Durststrecke, die im Vergleich zur deutschen, seit 2001/02 andauernden zwar ein Witz ist, aber dennoch schmerzt. Das Zeug, wieder durchzumarschieren, hat der dreimalige Einzel-Weltmeister aus Schwarzach im Pongau – wenn der 29-jährige "Krafti" die Tournee nicht wie zuletzt fünf Mal in Folge am Neujahrstag auf der bei vielen Springern eher mäßig beliebten Schanze von Garmisch-Partenkichen wegwirft: 31., 49., 13., 28., Quali-Aus. So geht Trauma.

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