Viel Wind um heiße Luft
Tüfteln gehört seit jeher zur Formel 1. Manchmal werden die Grenzen mehr ausgereizt, als es der Regelbehörde gefällt. So wie dieses Mal. Um Protesten von Teams zuvorzukommen, wurde ein Machtwort gesprochen.
Valencia - Sebastian Vettel brachte es auf den Punkt. "Da blickt ja kein Schwein mehr durch, was gerade erlaubt ist und was nicht", sagte der Formel-1-Weltmeister. Motormapping, Zwischengas, angeblasene Diffusoren - die Tüfteleien der findigen Teamingenieure riefen die Regelbehörde der "Königsklasse" auf den Plan. "Wir ändern nicht die Regeln. Sie sind immer gleich geblieben", betonte Renndirektor Charlie Whiting vor dem Großen Preis von Europa: "Das Einzige, was wir tun ist, dass wir die Leute stoppen, die diese Regeln nicht respektieren", sagte er in Valencia.
Aber welche Leute sind das? Namen werden nicht genannt. "Wir haben keine Ahnung, welches Team die Technik am besten beherrscht und welches dadurch am meisten betroffen ist", betonte Whiting. Nach Aussage von Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko brachte es das Weltmeister-Team in Sachen Zwischengas, das vom übernächsten Rennen in Silverstone komplett verboten ist, immerhin bis zur Perfektion.
"Das ist für alle ein Schritt nach hinten", meinte Vettel zum künftigen Komplettverbot. Bei der Abgasvariante werden Auspuffgase aufs hintere Ende des Unterbodens geströmt, so dass sich die Straßenlage des Wagens verbessert. Der Trick dabei: Auch wenn der Fahrer kein Gas gibt, funktioniert es.
Whiting sprach von "Auswüchsen", von "illegaler Technik". Mercedes-Teamchef Ross Brawn pflichtete ihm bei: "Die Sachen, die wir gemacht haben, diese Art der Interpretation ist nicht rechtens." Das Formel-1-Superhirn, das 2009 mit dem sogenannten Doppeldiffusor die Konkurrenz ebenso verblüffte wie besiegte, meinte, die FIA habe das gar nicht ignorieren können. Allerdings bekamen die Verantwortlichen des Internationalen Automobilverbandes erst durch den Hinweis eines Teams Wind von der heißen Luft.
Einmal ins Rollen gebracht, habe es wahrscheinlich kaum eine Wahl gegeben. "Wenn sie nichts gemacht hätten, sieht es so aus, als hätten einige Teams Protest eingelegt, um die Situation zu klären", meinte Brawn: "Und das wäre nicht gut für die Formel 1 gewesen."
Whiting verteidigte die Maßnahme mitten in der Saison. "Es ist keine politische, es ist eine rein technische Intervention von unserer Seite. Und ich fühle mich sehr wohl dabei", sagte er. Es gehe nicht darum, dass ein Team mehr bestraft werde als ein anderes.
Er habe aber sogenannte Maps von einer Reihe Teams gesehen, die "extrem extrem" gewesen seien, "das kann ich Ihnen versichern." Bereits in Valencia darf weder Red Bull noch ein anderes Team mittels Laptops eine Neuprogrammierung der Motoreneinstellung vornehmen. Mit dem "ganzen Mapping wird mehr aufgescheucht als notwendig", befand Vettel aber gelassen zu dem ganzen "Tohuwabohu".