Vicky auf der Sutten
Der letzte Hang der Sutten galt stets als ganz besonderer Genuss. Rot, eher mittelleicht als mittelschwer – die Idealneigung also für Brettl-Hedonisten. Doch man konnte diesen Zielhang am Wochenende oftmals nicht befahren. Damals, im letzten Jahrhundert. Denn die Schlange der Wartenden reichte meist vom Lifteinstieg ganz unten bis zum Hangbeginn ganz oben. Ein endloser Wurm. Wer also mit dem Lift die Sutten wieder hinauf gondeln wollte, durfte den Hang nicht zu Ende fahren, sondern musste ganz oben abschwingen, um sich anzustellen. Und 45 Minuten warten, bis er endlich in den schneckenartig dahin holpernden Zweiersessel einsteigen durfte.
Doch die Ski-Freaks nahmen dies, münchnerisch grantelnd zwar, aber immerhin auf sich. Denn: Die Sutten war die Sutten war die Sutten. Und bildete den höchsten Genuss des gesamten Skigebiets Spitzingsee-Tegernsee. Denn oben war sie rassig, eng und herausfordernd – nach einem Drittel der Distanz dann weit und genussvoll. Und vor allem: sie führte Richtung Westen hinab, lag also stets in der prächtigsten Nachmittags-Sonne.
Alle diese fabelhaften Attribute haben sich bis heute nicht geändert – mit einem bedeutenden Unterschied freilich: Man kann inzwischen so oft wie man will auch den Schlusshang zelebrieren, denn: Es gibt seit dem finanziellen Einstieg eines Münchner Bier-Imperiums in das Skigebiet einen neuen Lift – und keine Liftschlangen mehr. Rauf-runter, rauf-runter in einer Tour – kein Problem!
Natürlich staubten auch früher, vor dem Schörghuberschen Investment, einige ganz besonders Schlaue den Schlusshang hinab – vorbei an der Warteschlange. Um dann, unten angelangt, zu versuchen, sich einfach in die Schlange reinzuschwindeln. Was manchmal sogar für Schlägereien sorgte! Nie beispielsweise werden wir vergessen, wie ein uns bekannter seriöser Prokurist eines Münchner Verlages (nicht die AZ) die Nerven verlierend seinen Skistock in die Höhe schwang und ihn krachend auf die Schulter eines hereindrängenden Teenagers drosch: „Du Hundskrippe – moanst woi, mia san alle Deppn!”
Die gute alte Zeit: vorbei. Friedlich ist’s geworden beim Suttenlift-Einstieg. Und auch der Raffinesse wurde inzwischen ein Riegel vorgeschoben. Denn damals wurde vielfach das Tagesticket von Aufwärtsfahrenden aus dem Lift geworfen – und auf der Piste unten vom Spezl in Empfang genommen, der damit dann gleichfalls gondelte: kostenlos. Heute wird jeder, der mit der Sutten fährt, bei der ersten Tages-Durchquerung der Lichtschranke fotografiert (ohne dass er es bemerkt). Und bei jeder weiteren Fahrt taucht beim Kontrolleur der Anlage automatisch dann jenes Foto auf, so dass der Checker vergleichen kann, ob es sich tatsächlich um diese Person handelt. Die Methode verstößt angeblich nicht gegen Datenschutzbestimmungen.
Fleißig fotografiert werden wird wohl auch am 23. März. Denn da finden auf der Sutten die Internationalen Deutschen Meisterschaften im Riesenslalom für Damen (fix mit der Einheimischen Vicky Rebensburg) und Herren (vielleicht mit Felix Neureuther und Fritz Dopfer) statt. Und vielleicht gibt es an jenem Tag dann doch wieder mal eine riesenlange Schlange – am Rande der Strecke. Zum Anfeuern.
Anreise: Entweder über Tegernsee, Rottach-Egern, Enterrottach, Valeppstraße. Oder um den Berg herum über das Skigebiet Spitzingsee (gleiches Skigebiet, gleicher Liftpass).
Streckenlänge: 2,5 km.
Start: Unterhalb der Suttenbahn Bergstation.
Einkehr: Bäckeralm (nicht direkt an der Strecke, aber ein Kleinod).
Info: www.alpenplus.com
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