Vettels Fahrlehrer – ein Dickkopf
MÜNCHEN - Wie Albert Hamper dem neuen Star der Formel 1, Sebastian Vettel, einst das Autofahren beibrachte – und sich bald von ihm trennte
Albert Hamper müsste diese Situation ja kennen. Schließlich hat er oft genug erlebt, wie aus Jungspunden, die bei ihm in die Lehre gingen, Rennfahr-Stars wurden. Heinz-Harald Frentzen bildete er aus, Bernd Schneider, den erfolgreichsten DTM-Fahrer aller Zeiten, Frank Biela, den ewigen Champion von Le Mans. Auch Nick Heidfeld brachte er in die Formel 1. Und doch musste Hamper am Sonntag erst einmal schlucken, als Sebastian Vettel der Sensationssieg in Monza gelang. Zumal Hamper nur ein paar Hundert Meter weit weg war, als der 21-Jährige als Erster über die Ziellinie fuhr. Im kleinen Fahrerlager der Rahmenprogrammserien von Monza hatte er sich das Rennen im Fernsehen angeschaut. Hamper ist Teamchef des Formel-BMW-Teams Eifelland-Racing. Ein paar Stunden vor Vettels Triumph in der Königsklasse hatte Hampers Fahrer Tiago Geronimi an gleicher Stelle das letzte Saisonrennen der Formel-BMW-Euroserie gewonnen.
Als Vettel 2003 für Hamper fuhr, wurde der damals 16-Jährige Gesamt-Zweiter. „Und das war gut so", sagt Hamper heute, „wenn er auf Anhieb Gesamtsieger geworden wäre, hätte ihm das vielleicht nicht gut getan."
Vettel war 14 und ein talentierter Kart-Fahrer, als er Hamper kennenlernte. Gerhard Noack, Vettels Entdecker, hatte Vettels Familie überzeugt, dass „Seppi“, wie sie den Jungstar damals nannten, reif für die nächste Karrierestufe wäre. Man kratzte Geld zusammen, kaufte ein Formel-BMW-Auto und fragte Hamper, ob er Vettel für ein paar Testtage betreuen wollte. Hamper wollte – und gab ihm ein Cockpit für die neue Saison. Hamper: „Das war unglaublich. Sebastian war noch nie in einem richtigen Rennauto gesessen. Er kannte nur Karts. Autofahren konnte er nicht." Das musste Hamper ihm erst beibringen. „Ich hab ihn reingesetzt, ihm gesagt, was er machen muss, wie man bremst, wie man schaltet und er hat es gemacht. Er war sofort am Limit."
„Viel Talent haben viele Jungs. Aber Sebastian hat das Fahren von Anfang an als Arbeit verstanden", sagt Hamper, „bevor er ein Problem nicht gelöst hatte, ist er nicht ins Bett gegangen." Einmal sei Sebastians Mutter um halb eins nachts in Hampers Wohnwagen aufgetaucht, Sebastian müsse ins Bett, schließlich sei tags drauf ein Rennen. Hamper: „Aber Sebastian ist nicht schlafen gegangen. Er musste erst auswendig lernen, wo auf der Strecke die richtigen Bremspunkte liegen."
Ganze Bücher hätte der jüngste Formel-1-Sieger aller Zeiten damals vollgeschrieben mit Daten, Brems- und Scheitelpunkten. Hamper ließ das Talent nach einer Saison in der Formel BMW wieder ziehen. „Gerhard Noack und ich hatten uns gestritten, und ich bin ein Dickkopf. Obwohl ich wusste, dass Sebastian das größte Talent war, das ich je hatte, habe ich ihn gehen lassen.“ In der darauf folgenden Saison gewann Vettel 18 von 20 Rennen, bis heute Rekord in der Formel BMW. Hamper: „Wir haben uns im Guten getrennt, Sebastian schreibt mir noch regelmäßig SMS."
Am Samstag vor dem Rennen in Monza hat Hamper mit seinen Kollegen von der Formel BMW gegrillt, plötzlich stand Vettel neben ihm. Und dann haben sie wieder diskutiert. Über Bremspunkte und das Fahren im Regen. Es scheint geholfen zu haben.
Filippo Cataldo
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