Vettels Chef: Der Bulle rockt
Der Weltmeister aus der Dose: Wie der frühere Blendax-Mann Didi Mateschitz mit Extremsport wie Klippenspringen anfing und nun am Fuschlsee bei Salzburg ein Riesen-Imperium aufgebaut hat
Die Sieger-Pulle Schampus war in Abu Dhabi noch gar nicht richtig leer, da wurde per Pressemitteilung schon das Programm für die nächsten Tage festgezurrt: „Jetzt machen wir endlich das, was wir am besten können: feiern!“ Das Imperium rockt! Und das kann es ziemlich gut.
Abu Dhabi im Mai 2005. Damals gab es so viele Touristen im Emirat wie Schatten in der Wüste. Das erste Red Bull Air Race war gerade über die Bühne gegangen, und man fragte sich, ob die anschließende Party bei den strengen Scheichs nur halb so wild werden könnte wie sonst üblich: Alkoholverbot unter freiem Himmel, keine westliche Musik und hübsche Frauen nur in der verschleierten Version. Die Party sah dann so aus: Alkohol im Park, Wasserpfeifen, Gogo-Girls und fette Beats – Red Bull macht’s möglich.
Dass am Sonntagnachmittag um kurz vor vier etwas Besonderes passiert ist, erkannte man an dem Mann, der all dies ins Rollen brachte: Dietrich, genannt Didi Mateschitz. Der Red-Bull-Chef gab dem ORF ein minutenlanges Interview. So was tut der 66-Jährige eigentlich nie. Mag er nicht. Öffentlichkeit ist nicht sein Ding. Und am liebsten ist er sowieso in der Luft. Wenn ihm nach Pilzesammeln ist, setzt er sich in einen seiner Flieger und düst in die heimische Steiermark.
Der Mann aus Sankt Marein im Mürztal, kroatischer Abstammung, Absolvent der Wiener Hochschule für Welthandel, lernte bei Jacobs Kaffee und Blendax das Marketing-Handwerk - und brachte dies mit seinem Brausemix zur Perfektion. Seit der Markteinführung 1987 hat sich Red Bull zum bekanntesten Getränk nach Coca Cola entwickelt. Heute verkauft die Firma in 160 Ländern pro Jahr fast vier Milliarden Dosen und beschäftigt knapp 7000 Menschen. Laut „Forbes“ beläuft sich Mateschitz’ Vermögen auf mehr als vier Milliarden Dollar. Die Konzernzentrale am Fuschlsee bei Salzburg gleicht einer hypermodernen Mondstation, ebenso wie der als Ausstellungs- und Veranstaltungsort dienende „Hangar 7“ am Salzburger Flughafen. Auch ein TV-Sender („Servus-TV“) und ein Mobilfunk-Anbieter gehören zur Gruppe.
Von Beginn an steckte Sport-Fan Mateschitz sein Geld nicht in konventionelle, sondern extreme Sportarten: von Basejumping bis Klippenspringen. Motocross-Legende Heinz Kinigadner war einer der ersten Werbeträger – mit einem kleinen Aufkleber am Motorradlenker.
Zu all den Randsportarten gesellte sich im Jahr 2000 Eishockey sowie 2005 Fußball und Formel 1. Red Bull Salzburg holte seitdem drei Meistertitel; Dependancen entstanden in Brasilien, Leipzig und New York, wo Weltstar Thierry Henry kickt.
Das Formel-1-Engagement der Österreicher wurde zunächst belächelt. Red Bull Racing ging Ende 2004 aus dem Team Jaguar Racing hervor, das Ford mit dem Rückzug aus der Formel 1 verkaufte. Bereits 1995 war man beim Sauber-Team eingestiegen, bis 2001 Hauptsponsor und danach bis 2004 Nebensponsor des Schweizer Teams. Im ersten Rennen, 2005 in Australien, belegten David Coulthard und Christian Klien gleich mal die Plätze vier und sechs. Seitdem: 106 Rennen, 15 Siege, 20 Poles. In der Konstrukteurswertung steigerte man sich von 7, 7, 5, 7, 2 auf 1. Im sechsten Jahr zwei WM-Titel, für Sebastian Vettel und das Team. Nicht übel.
Thomas Becker
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