Vettelissimo!

„Mein schönster Tag!“ Der neue Held der Formel 1 hängt alle Top-Stars ab und weint danach in den Armen seines Vaters.
von  Abendzeitung
„Jedes Bild, das ich nach dem Sieg aufgeschnappt habe, das wird mein ganzes Leben bleiben“: Sebastian Vettel, in der Formel 1 oben angekommen.
„Jedes Bild, das ich nach dem Sieg aufgeschnappt habe, das wird mein ganzes Leben bleiben“: Sebastian Vettel, in der Formel 1 oben angekommen. © Bongarts/Getty Images

„Mein schönster Tag!“ Der neue Held der Formel 1 hängt alle Top-Stars ab und weint danach in den Armen seines Vaters.

MONZA Um Viertel vor Fünf konnte Sebastian Vettel (21) endlich wieder Kind sein. Als der Held von Monza, der neue deutsche Formel-1-Champion, hinter einer Menschentraube seinen Vater Norbert entdeckte, zwängte er sich durch die vielen Kameraleute hindurch und fiel seinem Papa in die Arme. Und dann begannen beide zu weinen.

Mehr als zwei Stunden zuvor hatte Vettel in seinem Toro Rosso das Formel-1-Rennen von Monza gewonnen. Vettel ist der erste deutsche Siegfahrer seit Michael Schumacher, dem siebenmaligen Weltmeister. Im italienischen Regen hatte Vettel alle Superstars der Szene in ihren Top-Autos überlegen hinter sich gelassen und einen herausragenden Start-Ziel-Sieg herausgefahren. Vettelissimo!

Das Glücksgefühl kam, als die Anspannung nachließ. Und natürlich weinten Vater und Sohn Vettel auch deswegen. Ein beeindruckend intimer Moment mitten in der Öffentlichkeit, zwischen Berichterstattern aus aller Welt.

Zwei Stunden vorher hatte die Welt einen anderen Vettel gesehen. Einen Vettel, der schneller als alle anderen im Regen unterwegs war. Einen Vettel, dem die Tifosi von den Rängen genauso zujubelten wie früher Michael Schumacher. Einen Vettel, der seinen Mechanikern auf Italienisch dankte, danach – vor Freude fast platzend – Interviews auf Englisch und Deutsch gab. Mit einer Stimme, die vom vielen Jubeln arg angegriffen war. „Das ist mein schönster Tag", sagte er, „das werde ich nie vergessen. Jedes Bild, das ich nach dem Sieg aufgeschnappt habe, das wird mein ganzes Leben bleiben.“

Wieso er so schnell gewesen sei, wurde Vettel gefragt. „Wir haben gedacht, es wäre trockener. Deshalb war ich schneller“, sagte er, „heute hatten wir die Eier, es zu tun.“

Vettel ist der ultimative Beweis dafür, dass in der Formel1 auch heute noch der Fahrer den Unterschied machen kann. Dass man nicht immer das beste Auto oder viel Glück braucht, um zu gewinnen. „Sebastian ist ein Fahrer, der ganz speziell ist. So, wie er die Sache angeht, wird er Weltmeisterschaften gewinnen können“, sagte Gerhard Berger. Der Österreicher, früher selbst ein sehr guter Rennfahrer, ist einer von Vettels Chefs bei Toro Rosso. Vor 20 Jahren gewann er – auch in Monza – sein erstes Rennen in der Formel 1. „Das war heute schöner als vor 20 Jahren“, sagte Berger gestern. Dann stieg er auf einen Roller und flüchtete vor den Fotografen.

Berger verpasste so die spontane Siegesfeier für den neuen deutschen Helden. Im Motorhome von Red Bull skandierten die Mechaniker „Vettel, Vettel, Vettel", zur Melodie vom White-Stripes-Hit „Seven Nation Army" sangen sie: „Wir sind die Gewinner des Rennens.“ Red-Bull-Chef Didi Mateschitz spendierte ein paar Flaschen Champagner, irgendwann kam noch Mercedes-Motorsportboss Norbert Haug zum Gratulieren vorbei.

Vettel stand da inmitten seiner Mechaniker und umarmte praktisch jeden, der ihm über den Weg lief. Tränen hatte er da längst keine mehr in den Augen. Nur Papa Norbert rang immer noch um seine Fassung, als er runter ging, um sich ein ruhigeres Plätzchen zu suchen. In der Hand trug er ein großes Poster. Darauf zu sehen: Sein Sohn, wie er mit gespreizten Fingern eine lange Nase zeigt. So, wie er auf der Strecke allen eine lange Nase gezeigt hatte.

Filippo Cataldo

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.