Vettel widmet WM-Titel seiner Freundin

Sebastian Vettel gewinnt vorzeitig zum vierten Mal die Formel-1-Weltmeisterschaft – und widmet diesen Triumph seiner Freundin Hanna, die ihm durch schwere Zeiten half. Als es geschafft ist, weint der Champion
Greater Noida - Er klopfte sich auf den Helm, brauchte ein bisschen, bis er den ersten Gratulanten aus der Box per Funk ein „Yessss!” entgegen schmetterte. Dann drehte er auf der Geraden ein paar Kringel, kniete nach dem Aussteigen vor seinem Red Bull nieder, fiel seinen Bossen um die Hälse – und lehnte sich an eine Mauer. Ein paar Tränen schossen ihm ins Gesicht, immer wieder schüttelte er den Kopf.
Sebastian Vettel schien an diesem Nachmittag bei Delhi der einzige gewesen zu sein, der selbst noch Zweifel an seinem vierten Titel gehabt hatte. „Für euch war die Sache vielleicht klar, natürlich hat man einen gewissen Vorsprung. Aber man selbst ist so im Moment, dass man gar nicht das das große Ganze denkt. Man darf sich nicht den Luxus erlauben, sich zurückzulehnen.” Das sagte der jüngste Vierfach-Weltmeister der Formel 1 allen Ernstes nach seinem Sieg in Indien, mit dem er sich beim viertletzten Saisonlauf zum Weltmeister machte. Und mehr: „Es ist unheimlich schwer, die richtigen Worte zu finden. Da ist eine gewisse Leere, die einen umgibt, wenn man die Ziellinie überquert”, sagte Vettel. Und dann, immerhin: „Ich bin überwältigt, das ist einer der schönsten Tage meines Lebens.”
Abgesehen natürlich vom Schlusssatz: Spricht so einer, der sich gerade zum jüngsten Vierfach-Weltmeister der Geschichte aufgeschwungen hat, der die Rivalen dominiert hat wie lange keiner mehr vor ihm und der fortan in einem Atemzug genannt werden muss mit den Besten der Besten, nämlich Schumacher, Fangio und Prost?
Dieser vierte Titel war Vettels überlegenster. Zehn von bislang 16 Rennen hat der 26-Jährige gewonnen, sein Dauer-Rivale Fernando Alonso (Ferrari) hatte dieses Jahr keine wirkliche Chance gegen Vettel und Red Bull. Und doch war es für Vettel der schwerste und emotionalste Titel. Und so war es bezeichnend, wem er den Triumph widmete. „Meiner Freundin und meiner Familie. Aber ganz besonders meiner Freundin. Es war kein einfaches Jahr, es ist nicht schön, wenn man angefeindet wird, obwohl man nichts gemacht hat. Da ist es wichtig, dass Menschen da sind, die einem Kraft und Liebe geben”, sagte er.
Zum ersten Mal in seiner Karriere musste Vettel diese Saison mit offenen Anfeindungen fertig werden. In Monza und Singapur war er nach seinen Siegen ausgepfiffen worden. Das hat ihn genauso getroffen wie die Schelte von Mercedes-Star Nico Rosberg nach Vettels Eier-Schaukel-Rede und die heftige Kritik, nachdem er in Malaysia zu Beginn der Saison die Teamorder missachtet und seinem Team-Kollegen Mark Webber den Sieg quasi geklaut hatte.
Aufgebaut hat ihn jedes Mal wieder Dauerfreundin Hanna Sprater. Seit den gemeinsamen Schulzeiten am Heppenheimer Starkenburg-Gymnasium sind die eher öffentlichkeitsscheue Hanna und Vettel ein Paar, sie leben zusammen in einem umgebauten Bauernhof in der Schweiz.
Dorthin wird Vettel auch die Reise nach dem Titelgewinn führen. Schon um sechs Uhr am Montagfrüh soll Vettel in Zürich landen. In Indien selbst sollte nach dem Titelgewinn nur eine kurze Feier im Team-Hotel stattfinden. Kurz, aber heftig: „Ich denke, in den letzten Jahren hat sich als favorisiertes Getränk der Jägermeister-Red Bull herauskristallisiert”, sagte Vettel. „wir werden es jetzt mal krachen lassen heute Nacht”. Schon bei der Pressekonferenz hatte er sich entschuldigt: „Vielleicht habe ich schon einen sitzen vom vielen Champagner.” Titel wollen begossen werden, die schwersten erst recht.