Vettel: Mit Sieg "Stierkampf"-Schmach tilgen
Istanbul - "Ich liebe diesen Kurs", sagte Vettel und hofft auf eine Formel-1-Fortsetzung am Bosporus. "Die Türkei ist für mich etwas Besonderes, weil ich dort auch zum ersten Mal für BMW getestet habe." Es sei schade, wenn das Rennen vom Kalender gestrichen würde.
Trotz aller Sentimentalitäten wegen des möglichen Endes des Europa-Auftakts steht beim Weltmeister am Sonntag selbstredend das Sportliche im Vordergrund. Die jüngste Niederlage in Shanghai gegen Lewis Hamilton hat verdeutlicht, dass Vettel trotz seiner fahrerischen Klasse und der Vorteile des RB7 gegenüber den anderen Rennwagen höllisch aufpassen muss, um seinen immer noch souveränen Vorsprung in der WM-Wertung nicht zu verspielen.
Vettel ist sich dieser Gefahr voll bewusst. Der 23 Jahre alte Heppenheimer stuft nicht nur das McLaren-Duo Hamilton und Jenson Button als ernsthafte Konkurrenten ein. Er warnt vor dem vierten Saisonlauf auch vor den bislang eher enttäuschenden Ferrari mit Doppel-Champion Fernando Alonso und MercedesGP mit Rekord-Weltmeister Michael Schumacher und Nico Rosberg sowie den überraschend starken Renault mit Nick Heidfeld.
Trotz des großen Respekts vor den Rivalen vertraut Vettel aber den eigenen Fähigkeiten. "Wir hatten einen guten Start in die Saison", sagte er und geht davon aus, dass die Leistungskurve weiter nach oben steigt. Für Istanbul hat Red Bull wie die meisten Teams einige technische Weiterentwicklungen an Bord. "Unser Auto sollte hier stark sein", versicherte Vettel, fügte aber an: "Wir müssen unsere Gegner respektieren und können nie etwas als garantiert nehmen."
Vettel geht davon aus, dass Technik-Guru Adrian Newey und die Red-Bull-Ingenieure während der dreiwöchigen Pause das Problem mit dem Bremsenergie-Rückgewinnungssystem KERS in den Griff bekommen haben. "Ich mache mir keine Sorgen", betonte er.
Hamilton hofft indes, dass die "Roten Bullen" wegen ihres häufig streikenden Zusatzschubs auch in der Türkei ins Stolpern kommen. "Dies ist ein Kurs, wo KERS ein großer Vorteil ist", stichelte der Brite. Sollte Red Bull mit dem System weiter Schwierigkeiten haben, fiele Hamilton die Wiederholung seines Vorjahressieges um einiges leichter und er könnte Vettel noch näher auf die Pelle rücken.
2010 bekam Hamilton den Sieg wegen des stümperhaften Stallduells der Widersacher geschenkt: Vettel kollidierte damals nach einer Attacke gegen seinen führenden Teamgefährten Mark Webber. Obwohl der Australier langsamer war, verteidigte er rücksichtslos die Spitzenposition. Fatale Konsequenz des Crashs am Bosporus: Vettel schied aus, Webber konnte nur noch Rang drei sichern.
Leise Hoffnungen auf einen Podestplatz macht sich auch die Mercedes-Mannschaft. "Jetzt kommen neue Teile drauf. Das wird uns schneller machen", sagte Rosberg. Der Wiesbadener hat den Frust von China inzwischen bewältigt, wo er einen greifbar nahen Podiumsrang wegen eines Rechenfehlers der Rennstrategen verpasste. Weil er rund sechs Kilogramm Sprit zu wenig im Tank hatte, konnte der zwischendurch sogar Führende am Schluss nicht mehr attackieren.
"Es ist mein Ziel, ein Rennen zu gewinnen. Das ist jetzt wieder realistisch", sagte Rosberg. "Aber dazu gehört auch Glück, weil wir nicht das schnellste Auto haben." Schumacher ist ebenfalls zuversichtlich, dass das Team dank der neuen Teile in der Türkei "ein positives Wochenende erleben" kann.
Nach drei Rennen führt Vettel die WM-Wertung mit 68 Punkten nach wie vor souverän vor Hamilton (47) an. Der Brite könnte den Deutschen als einziger der Verfolger überholen, wenn er gewinnen und Vettel höchstens Neunter würde. Der Gesamtdritte Button (38 Punkte) und Webber (37) liegen zu weit zurück.