Vettel: Der zweite Platz als Dämpfer

Sebastian Vettel macht beim Heimrennen zwar Punkte gut auf WM-Spitzenreiter Button, muss aber dem Teamgefährten Webber den Sieg überlassen. Wer wird jetzt die Nr. 1 bei Red Bull?
NÜRBURGRING Vor diesen Bullen zittert jetzt die Formel 1. Red Bull, der österreichisch-englische Spaß-Rennstall des Brausemilliardärs Didi Mateschitz, hat am Sonntag zum zweiten Mal hintereinander einen Doppelsieg gefeiert.
Zwar gewann am Nürburgring nicht Sebastian Vettel, sondern sein Teamkollege Marc Webber – aber das trübte die Freude kaum. Weder bei Vettel, der seinem großgewachsenen Kollegen mit dem George-Clooney-Lächeln aus Australien als erster zu dessen allererstem Sieg im 129. Rennen gratulierte. Noch auf den Tribünen. Denn Vettel hat durch seinen zweiten Platz weiter Boden gut gemacht auf den WM-Führenden Jenson Button, der nur Fünfter wurde und auch hinter Nico Roberg (4.) landete.
Vettel wirkte ausgelassen auf dem Podest, er liegt genau im Plan. „Wenn er jedes Rennen dreieinhalb Punkte aufholt auf Button, dann ist er am Ende Weltmeister", hatte Vettels Teamchef Christian Horner vor dem Rennen ausgerechnet. Am Sonntag nahm Vettel dem Briten sogar vier Punkte ab und schob sich an Barrichello vorbei auf Platz zwei der Gesamtwertung. 21 Punkte fehlen Vettel auf Button. Gut möglich, dass der Rückstand in zwei Wochen in Budapest weiter schmilzt. „Red Bull ist an uns vorbeigezogen", gab sogar Ross Brawn, der Teamchef des am Saisonanfang alles dominierenden Rennstalls, am Sonntag zu.
Vettel und Red Bull sind weiter auf WM-Kurs. Und das, obwohl Vettels Wochenende alles andere als problemlos verlaufen war. Am Samstag hatte er durch zwei, drei kleine Fehler in den letzten Runden der entscheidenden Qualifikationsrunde zwei Zehntel auf Webber verloren und nur vierter geworden. Gestern fiel er am Start bis auf Rang acht zurück und war dann im Verkehr aufgehalten worden. Es schien, als ob Vettel dem Druck nicht standhalten würde, als ob der Höhenflug des 22-Jährigen ausgerechnet beim Heimrennen in der Eifel gestoppt werden sollte. Doch Vettel überraschte wieder alle. Dank einer perfekten Strategie und einigen sehr schnellen Runden zum genau richtigen Zeitpunkt schob sich Vettel aber wieder an Button, Barrichello und Massa vorbei.
„Natürlich hätte ich heute gerne gewonnen, aber ich bin sehr glücklich. Marc war heute unbesiegbar, Gratulation an ihn. Der zweite Platz bringt mir sehr viel, der Doppelsieg bringt dem ganzen Team sehr viel. Es war ein gutes Wochenende", sagte Vettel über seinen neun Jahre älteren Teamkollegen. Er schien Webber, der bei Red Bull seit Vettels Ankunft zur Nummer zwei degradiert wurde, den Sieg wirklich zu gönnen. Auch, wenn der Abstand zwischen den beiden nur noch 1,5 Punkte beträgt.
Laut Ex-Weltmeister Niki Lauda könnte dies ein Problem werden. „Das wird jetzt ein beinharter Kampf“, sagte Lauda über das stallinterne Duell um die Nummer 1 bei Red Bull. „Sebastian muss aufpassen, dass ihm der Webber nicht den Rang im eigenen Team abläuft.“ Teamchef Christian Horner jedenfalls hat sich noch nicht entschieden, wer die Nummer 1 sein soll: „Sie liegen beide eng beisammen, sie können beide Rennen gewinnen. Wir lassen sie also gegeneinander fahren, was die Punkte angeht.“
Vettel selbst sieht das noch entspannt. „Wir beide haben einen guten, fairen und anspornenden Wettkampf zwischen uns", sagt er und wechselte dann das Thema: „Ich hoffe, wir sehen uns nächstes Jahr wieder in Deutschland. Entweder hier oder am Hockenheimring." Spätestens in diesem Moment war Vettel wieder der Herr im Ring.