Verena Sailer: „Gerne auf die Schnauze gelegt“

Medaillen für die Hammerwerferin Betty Heidler und die DLV-Sprinterinnen über 4x100 Meter.
BERLIN Der Samstag bestätigte noch einmal den aktuellen Trend in der deutschen Leichtathletik: sichere Medaillen aus der Abteilung Wurf & Stoß sowie die ein oder andere positive Überraschung bei den Läufern. Während Hammerwerferin Betty Heidler fast schon erwartungsgemäß Silber gewann, sicherte sich die deutsche 4x100 Meter-Staffel des DLV Bronze, knapp vor dem traditionell starken russischen Team.
Die Silbermedaille mit deutschem Rekord hinter der Weltrekord-Werferin Anita Wlodarczyk war für Titelverteidigerin Betty Heidler Gold wert. Nie zuvor durfte sich die Hammer-Frau vor einem ähnlichen Millionen-Publikum präsentieren. 6,55 Millionen Deutsche am Fernsehschirm und 60.000 im Stadion schauten zu. „Das war der Hammer. Das gab's noch nie, und ich weiß nicht, ob es das je wieder geben wird“, sagte die Frankfurterin, die sonst Sportplätze auf dem Dorf gewöhnt ist. Bei Heidlers Wurf auf 77,12 Meter war alles anders. Sie übertraf in der Zuschauergunst sogar Usain Bolt, der kurz zuvor mit Jamaika die 4x100-m-Staffel gewonnen hatte.
Dass aus Gold nichts wurde, schmerzte sie keine Sekunde. „Ich habe Silber mit deutschem Rekord gewonnen. Ich bin einfach nur happy. Das war ein geiler Wettkampf, der schönste in meiner Laufbahn“, sagte Heidler, deren Ur-Großvater 1936 in Berlin die Olympia-Fackel trug und deren Cousine Cornelia Oschkenat 1987 in Rom WM-Dritte über 100 Meter Hürden war. Es war zudem ihr bester Wettkampf: Nie zuvor schaffte sie fünf Würfe jenseits der 75 Meter in einer Serie. Teamkollegin Kathrin Klaas verpasste als Vierte knapp eine Medaille.
Für das beste Sprint-Resultat bei einer Weltmeisterschaft seit acht Jahren hatte zuvor die 100-Meter-Staffel de Frauen gesorgt. Hinter Jamaika und den Bahamas kamen Marion Wagner, Anne Möllinger, Cathleen Tschirch und Verena Sailer als heftig umjubelte Überraschungs-Dritte ins Ziel.
Für Schlussläuferin Sailer endete das grandiose Rennen zuerst einmal auf der Krankenstation. Im Freudentaumel strauchelte sie hinter der Ziellinie und zog sich bei der Rutschpartie auf der rauen blauen Bahn heftige Schürfwunden vom Oberschenkel bis zur Hüfte zu. „Es ist unbeschreiblich, dass wir das geschafft haben“, sagte die 23-Jährige, „ich spür die Schmerzen schon noch ein bisschen. Für die Medaille habe ich mich gerne auf die Schnauze gelegt.“
Thomas Becker